Rezension

Eine Hymne auf die Courage aller Frauen.

Die Tanzenden - Victoria Mas

Die Tanzenden
von Victoria Mas

Bewertet mit 5 Sternen

Unglaubliche Frauenschicksale. Unbedingt lesen! 20. Februar 1885, es ist ein früher Abend, seit drei Tagen schneit es. In der Luft sehen die Flocken wie Perlenvorhänge aus. Auf den Gehwegen und in den Parks liegt eine weiße, knirschende Schicht aus Schnee, der kleben bleibt an den Pelzmänteln und den Stiefeln, die durch ihn hindurchstapfen. Ganz Paris will sie sehen, auf der Ballnacht sollen die Tänzerinnen Louise und Eugénie ihren Auftritt haben. Hier im berühmtesten Krankenhaus der Stadt, der Salpêtrière, sollen Louise und Eugénie in dieser Ballnacht glänzen. Die Hautevolee schaut zu und bewundert deren Schönheit gerade dann, wenn sie die Kontrolle verlieren. Ob die Hysterikerinnen nicht gefährlich seien, raunt sich die versammelte Hautevolee zu und bewundert ihre Schönheit gerade dann, wenn sie die Kontrolle verlieren. Frauen, die nicht der allgemeinen männlichen Vorstellung entsprechen oder sich nicht unterwerfen, werden als Hysterikerinnen in diese, noch heute, bekannte Anstalt eingewiesen, ohne Chance auf Genesung. Eine damals geläufige Methode, sich unliebsamer, unschicklicher Frauen zu entledigen. Einmal im Jahr werden sie dann der sensationslüstern Gesellschaft beim „Mittfastenball“, dem Ball der Idioten, vorgeführt. Ganz Paris will sie sehen: Für Louise und Eugénie aber steht an diesem Abend alles auf dem Spiel, sie wollen aus ihrer Rolle ausbrechen, wollen ganz normale Frauen sein, wollen auf dem Boulevard Saint-Germain sitzen und ein Buch lesen dürfen, denken und träumen und lieben dürfen wie die Männer. Ein ergreifender Roman über mutige Frauen und ein Plädoyer für mehr Solidarität. Ein dunkles Kapitel ausgelebter patriarchalischer Macht zum Nachteil aller anders fühlenden und denkenden Menschen. Diese Geschichte ist eine sich lohnende Lektüre. Mit verblüffender Lebendigkeit erzählt die Autorin in „Die Tanzenden“ vom Aufbruch derer, die sich nicht zufriedengeben, von berührender Solidarität und unbeirrbarem Mut. Sie hat ein erschütterndes Gesellschaftsportrait geschaffen. Sensibel erzählt in anmutigen Worten. Thema und Text bleiben lange im Gedächtnis der Leserschaft. Ein hervorragender Roman über mutige Frauen, damals vor über 100 Jahren wie heute. Grandios - diesem Buch wünsche ich ganz viele Leserinnen!