Rezension

Eine königliche, kaiserliche Biographie

Karl der Große - Johannes Fried

Karl der Große
von Johannes Fried

Bewertet mit 4.5 Sternen

Karl der Große. Eroberer und Missionar?

1200 Jahre ist der Todestag Karl des Großen nun her. Nun schießen diverse Publikationen aus dem Boden. Eine davon habe ich mir geschnappt, denn diese ist aus der Feder eines der versiertesten Historiker für den Bereich des Mittelalters. 

Was uns Johannes Fried, Professor für Mediävistik, hier aufzeigt ist eine wirklich gelungene "Biographie". Allerdings weist er selbst bereits im Vorwort darauf hin, dass man aufgrund von 1200 vergangenen Jahren und der zweifelhaften Glaubwürdigkeit einiger Quellen eigentlich nur eine Annäherung schaffen kann.Wie ich finde ist ihm dies allerdings großartig gelungen. 

Fried hat gründlich recherchiert, hat Quellen wie die karolingischen Reichsannalen kritisch hinterfragt, denn diese dürften kaum objektiv gewesen sein. Der Autor musste kämpfen mit dem weithin bekannten Problem: "Die Sieger schreiben die Geschichte". Natürlich muss Fried versuchen einige Teile durch Fiktion zu ersetzen, aber ich finde man darf es hier sicherlich "fundierte Fiktion" nennen. Er ist immer vorsichtig und bleibt realistisch, außerdem kennzeichnet er diese Versuche. 

Er versucht ein Bild von Karl zu erstellen, beschreibt welche Einflüsse ihn zu dem großen Herrscher gemacht haben den wir heute kennen (zu glauben). Wie er geherrscht und woran er sich orientiert hat. Fried versetzt uns in die Zeit und liefert uns Informationen um die damaligen gesellschaftlichen Konventionen und Neigungen, die Gebräuche und Traditionen zu verstehen.Der junge Karl geprägt von einer Zeit, in der militärische Gewalt ein probates Mittel zur Machterhaltung und Machtausweitung war. Es ist natürlich auch ein kritisches Auge gefragt. Durchsetzungsfähiger König oder brutaler Tyrann? Ein glaubwürdiger Christ, trotz der effektiv betriebenen Polygamie?

Bis auf eine wenige Sätze sind Frieds Ausführungen stets verständlich und lebendig. Die Art und Weise der Darstellung hat mich nach kurzem Zögern überzeugt. Fried schildert nämlich eine Thematik (z.B. einen bestimmten Konflikt) in ihrer Gänze und Breite, um dann mit einem weiteren Thema forzufahren. Bisher war mir eher die chronologische Erzählweise geläufig, aber man merkt nach kurzer Eingewöhnung, dass mit Frieds Methode (zumindenst in diesem Fall) ein weitaus umfassenderes und besseres Verständnis ermöglicht wird.

Es ist nicht so, dass Fried die Forschung revolutioniert, aber das war auch wohl kaum seine Intention. Er bietet einfach eine authentische, wunderbare Zusammenfassung des Lebens einer der prägendsten Figuren der Weltgeschichte.

Eine gut lesbare, kritische "Biographie". Spannend und lehrreich. Was will man mehr?