Rezension

Eine ledige Mutter

Männer wie Männer, Frauen wie Frauen - Marja-Liisa Vartio

Männer wie Männer, Frauen wie Frauen
von Marja-Liisa Vartio

Bewertet mit 4 Sternen

Die Geschichte spielt in den 50er Jahren in Finnland und ist dort 1959 erstmals erschienen.

 

Die 18jährige Leena arbeitet auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Den so sehr gewünschten weiterführenden Schulbesuch verwehrt ihr der autoritäre Vater. Mit einem vorübergehend im Dorf tätigen, sehr viel älteren Straßenbauarbeiter hat sie, noch Jungfrau, eine kurze Liaison, bevor dieser wieder zu Ehefrau und Kindern zurückkehrt. Leena bleibt schwanger zurück. Für ihren Vater ist das eine Schande, die verständnisvollere Mutter erwartet ihre Eheschließung. Kurzentschlossen verlässt Leena Dorf und Familie, um in der Stadt eine Stelle als Hausmädchen anzutreten.

 

Viel Handlung bietet das Buch nicht. Es umfasst lediglich etwa ein Jahr im Leben der jungen Leena. Trotz aller Kürze wird der Konflikt, in den die ungewollte Schwangerschaft die ledige Leena stürzt, gut dargestellt. Sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, war zur Zeit der Autorin sicherlich recht mutig. Das Schöne ist, dass alles recht zeitlos dargestellt ist und genauso heute stattfinden könnte.

 

Der Schreibstil weist einige Besonderheiten auf. Es überwiegen kurze Sätze. Indirekte und direkte Rede werden nebeneinander benutzt, wobei die Zuordnung der wörtlichen Rede zur jeweils sprechenden Person stellenweise nicht einfach ist. Insgesamt wirkt die Sprache sehr distanziert und passt damit gut zu den Romanfiguren, die recht gefühllos und nüchtern erscheinen. Auffällig ist, dass lediglich Leena und ihre Schwester Riitta mit Vornamen eingeführt werden, während die übrigen Figuren namenlos bleiben; selbst vom Straßenbauarbeiter bleibt der Name unbekannt (nur die Initiale K. seines Vornamens wird einmal erwähnt). Dem Leser wird viel Raum gelassen, die Geschichte nach seiner Vorstellung auszuschmücken. Denn vieles wird nicht direkt angesprochen, sondern nur angedeutet und das Ende bleibt letztlich auch offen.

 

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, vergebe allerdings nicht die höchstmögliche Punktzahl, da der Buchinhalt nicht ganz das hergibt, was der Klappentext verspricht. Leena hat nämlich durch ihren Fortgang noch nichts aus ihrem Leben gemacht. Sie ist lediglich von der Abhängigkeit zu ihren Eltern in die zu ihrer Arbeitgeberin geraten, ohne eine (Schul-)Ausbildung aufzunehmen, die sie so gern hätte.