Rezension

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Eine Liebe in Zeiten des totalitären Regimes in Rumänien

Guter Mann im Mittelfeld - Andrei Mihailescu

Guter Mann im Mittelfeld
von Andrei Mihailescu

Rumänien in den frühen 1980er Jahren. Der angesehene Journalist Stefan arbeitet bei einer großen Zeitung in Bukarest. Er ist unverheiratet, in den Dreißigern und lebt bei seiner Mutter. Die richtige Frau hat er noch nicht gefunden, aber er ist mit seinem Leben keineswegs unzufrieden. Er hat eine sehr gute Anstellung und kann durch seine Kontakte und Beziehungen auch in Zeiten von knappen Lebensmitteln für seine Mutter und sich schon einmal etwas "unter der Hand" bekommen. Bei der Zeitung, bei der arbeitet gibt es natürlich wie überall in Rumänien Zensur und ein Mitglied der Securitate, der Geheimpolizei, hat ebenfalls direkt in der Redaktion ein Büro und überwacht die Vorgänge. Ein Zustand, mit dem man leben muß, aber irgendwann kommt Stefan auf die leichtsinnige Idee, eigentlich harmlose Leserbriefe, die sonst vom Mitarbeiter der Securitate in Augenschein genommen werden, abzufangen. Stefan möchte so, den Briefeschreibern, Unheil und Repressalien ersparen, denn Kritik am totalitären System unter Ceausescu und dem Parteikader wird nicht straflos hingenommen. Doch seine Tat bleibt nicht unbemerkt und er hat den Zorn des Securitate-Mitarbeiters auf sich gezogen. So verschwindet Stefan einges Tages für einige Tage spurlos. Seine Mutter rechnet schon mit dem Schlimmsten. In diesen Tagen wird Stefan brutalst misshandelt, bis man ihn wieder freilässt. Schmutzig, heruntergekommen und durstig findet er sich in einer unbekannten Gegend wieder und gerät durch einen dummen Zufall wieder in eine gefährliche Situation, bei der er den Sündenbock abgeben soll. Unverhofft erhält er hier jedoch lebensrettende Hilfe von der Architektin Raluca. Raluca hinterläßt bei Stefan gewaltigen Eindruck und er sieht sie wieder. Die Beiden kommen sich näher als es gut für sie ist, denn eine Liaison ist äußerst gefährlich, da Raluca die Ehefrau eines Parteikaders mit weitreichenden Beziehungen und großen Ambitonen ist. Auf Stefan kommen schlimme Zeiten zu, die nicht spurlos an ihm vorbeigehen und seine Sichtweise und sein Handeln völlig verändern.

Dieser Roman verbindet äußerst gelungen eine fiktive Liebesgeschichte mit der realen Vergangenheit Rumäniens. Als Leser erfährt man von den unglaublichen Zuständen der damaligen Zeit, kann sich in die Menschen hineinversetzen und spürt zwischen den Zeilen förmlich ihre Abgestumpftheit, Angst oder Verzweiflung, aber vor allem auch ohnmächtige Wut... Was macht ein so totalitäres Regime aus den Menschen? Wie kann man in solch einer Umgebung aus Unsicherheit, Angst vor Bespitzelung, vor Willkür leben? Keine Möglichkeit zu haben, die eigene Meinung, geschweige denn die Wahrheit zu sagen, immer Angst haben zu müssen, daß eine unüberlegte Äußerung dramatische Konsequenzen haben könnte. Dieser Aspekt wird äußerst facettenreich in diesem Buch behandelt, denn was macht ein solches politisches System aus einer hoffnungsvollen Liebesbeziehung zweier Menschen zueinander, die sich vorbehaltlos vertrauen? Mich hat dieses Buch sehr gut unterhalten, es war ungemein spannend und sehr bewegend zu lesen, welche Zustände in Rumänien geherrscht haben. Dieses Buch hat mir Ansporn gegegeben, mein bisher recht bescheidenes Wissen über die Vergangenheit Rumäniens zu erweitern und hat mich wütend und fassungslos gemacht, wozu solche Systeme alles fähig sind.