Rezension

Eine Liebe unter Bedrohung

Geliebter Dietrich -

Geliebter Dietrich
von Amanda Barratt

Bewertet mit 5 Sternen

„...Der Gedanke, dass du Kummer hast, wäre mein einziger Kummer. Der Gedanke, dass du in Liebe mitwartest und Geduld hast, ist mein täglicher Trost...“

Diese Zeilen aus einem Brief des Dietrich Bonhoeffer gehen Maria von Wedemeyer durch den Kopf, als sie unverrichteter Dinge im Februar 1945 am KZ Flossenbürg umkehren muss.  Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1942.
Auf dem Lamdgut Klein – Krössin bei Ruth von Kleist – Retzow trifft Bonhoeffer auf Maria, Ruths Enkelin. Bonhoeffer hatte sie zuletzt als 12jähriges Mädchen gesehen. Nun stand vor ihm eine junge Dame. Ruth schickt beide auf einen gemeinsamen Spaziergang. Natürlich hat sie sich etwas dabei gedacht. Doch Bonhoeffer ist fast doppelt so alt wie Maria. Außerdem denkt Maria nicht an Ehe. Sie will Mathematik studieren. Trotzdem gibt es feine Schwingungen zwischen beiden.
Die Autorin hat auf berührende Art die Liebesgeschichte von Maria von Wedemeyer und Dietrich Bonhoeffer erzählt. Dabei hat sie sie gekonnt in die gesellschaftlichen Gegebenheiten eingebettet.
Der Schriftstil ist ausgereift und teilweise sehr bildhaft.

„...Eine Diktatur ist wie eine Schlange. Wenn du ihr auf den Schwanz trittst, beißt sie dich...“

Diese Worte gehen Bonhoeffer öfters durch den Kopf. Er arbeitet an der Seite seines Schwagers nicht nur in der Abwehr, sondern auch im Widerstand. Sie haben die Hoffnung, nach dem Tode Hitlers ein neues Deutschland aufbauen zu können und die Verwerfungen der Nazizeit hinter sich zu lassen. Bonhoeffer nutzt seine Kontakte im Ausland, um von dort Unterstützung zu bekommen. Doch dort kann oder will man sich nicht auf ein Attentat verlassen. Nach einer erfolglosen Italienreise konstatiert Hans von Dohnanyi:

„...Aber die Zeit läuft uns davon! Wie ein versehentlich losgelassener Drache, der vom Wind fortgerissen wird. Der Tag kommt, am dem es zu spät sein wird, die Schnur zu packen und das Ding wieder runterzuholen...“

Zwischen Dietrich und Maria kommt es zu weiteren Treffen. Es entwickeln sich Gespräche, die in die Tiefe gehen. Folgende Sätze bringen einen der Dialoge auf den Punkt:

„...Was sollte ein Christ machen, wenn die Loyalität zum Evangelium und die Ansprüche eines gottlosen Regimes aufeinanderprallten und ein Nein zu diesem Regime ihn auf den Weg der Selbstaufopferung führen konnte...“

Als Maria zuerst ihren Vater und dann auch ihren Bruder an der Front verliert, untersagt ihm die Mutter weiteren Kontakt mit Dietrich Bonhoeffer. Sie weiß oder ahnt, wie tief er im Widerstand
 verstrickt ist und will nicht noch ein Kind verlieren. Ungeahnt haben vor allem Ruths Einmischungen zu dieser starren Haltung beigetragen. Maria kämpft darum, ihm wenigstens schreiben zu dürfen.

„...Maria hielt den Atem an. Die Augenblicke des Glücks hatten Kolibriflügel. Die Augenblicke der Entscheidung hatten Blei in dem Füßen...“

Erst als Dietrich Bonhoeffer verhaftet wird, gibt die Mutter ihre Ablehnung auf. Jetzt wird die Verlobung der beiden öffentlich gemacht.
Während der Zeit der Gefangenschaft von Dietrich Bonhoeffer erweist sich Maria als starke junge Frau. Natürlich gibt es auf beiden Seiten  Zeiten der Resignation. Doch die Liebe hält.
Das Buch endet kurz nach dem Hitlerattentat durch Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Eingebunden sind Briefe der beiden und Gedichte von Dietrich Bonhoeffer.
Im Nachwort fasst die Autorin das weitere Schicksal einiger der handelnden Personen kurz zusammen. Ein Personenverzeichnis rundet das Buch ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht einen Blick auf den Widerstand gegen Hitler aus christlicher Sicht und zeigt eine Liebe, die unter Bedrohung wächst.