Rezension

Eine literirische Reise in die Vergangenheit des Orients

Orient-Express - John Dos Passos

Orient-Express
von John Dos Passos

Bewertet mit 4 Sternen

In "Orient Express" begleiten wir den jungen, damals noch unbekannten Schriftsteller John Dos Passos, der sich 1921 auf eine Reise in den Orient macht. Er schildert präzise die Auswirkungen, die der Erste Weltkriegs, sowie der Griechisch-Türkischen Krieg im Nahen Osten hatte. So erzählt er von einem Istanbul, das damals noch Konstantinopel hieß und in dem es an jeder Ecke alliierte Soldaten, sowie tausende Flüchtlinge gab. Über das Schwarze Meer geht es nach nach Trapezunt und dann auf dem Landweg nach Georgien, Armenien, den Iran und Irak und überall ist der Bolschewismus und die Hungersnot zu spüren. Von Bagdad geht es dann mit einer Karawane quer durch die trockene, heiße Steinwüste nach Damaskus und obwohl er während dieser 37-tägigen Reise mit Hunger und mehreren Überfällen zu kämpfen hat, ist er glücklich wie noch nie zuvor im Leben. "Es gibt nichts Schöneres auf der Welt, als keine Uhr und kein Geld zu haben und für nichts verantwortlich zu sein. Wie ein Derwisch oder ein kleines Kind."

Dos Passos hat einen sehr klaren Schreibstil, der seine Eindrücke auf den Punkt bringt und nichts verschnörkelt. Er berichtet als stiller Beobachter, der trotz Elend, Hunger und mangelnder medizinischer Versorgung in vielen Städten keine Wertung vornimmt. Der Leser erfährt viel Interessantes über die politische Situation im Nahen Osten in dieser Zeit des Umbruchs. Zudem ist das Buch sehr aktuell. Flüchtlingsströme in der Türkei, verfeindete Nationen, die sich gegenseitig der Kriegsgräuel bezichtigen und ein Alltag trotz Elend an vielen Ecken. All das erleben wir auch heute noch dort. Sehr hilfreich fand ich die Karte mit der Reiseroute, sowie die Anmerkungen am Ende, die politische Begriffe und Namen historischer Persönlichkeiten erklären. Jedem, der sich bisher noch nicht mit der politischen Situation im Orient zu Zeit der 1920er Jahre beschäftig hat, kann ich nur empfehlen zuerst das Nachwort von Stefan Weidner zu lesen, das diese gut verständlich darlegt. Leider fand ich das Ende, an dem wir auch ein paar Gedichte zu lesen bekommen, sehr verwirrend. Daher einen Stern Abzug.

Ein sehr tiefgründiges Buch, das viel Aufmerksamkeit verlangt und nicht für zwischendurch geeignet ist. Vor allem für Leser empfehlenswert, die sich für diese Region interessieren und mehr über die Ursachen der dortigen Konflikte erfahren möchten oder sich einfach in die Vergangenheit dieser wunderschönen Länder versetzen lassen möchten.