Rezension

Eine lohnenswerte Entdeckung..

Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar

Ich nannte ihn Krawatte
von Milena Michiko Flasar

Inhalt: 
Ein junger Mann verlässt sein Zimmer, in dem er offenbar lange Zeit eingeschlossen war, tastet sich durch eine fremde Welt. Eine Bank im Park wird ihm Zuflucht und Behausung, dort öffnet er die Augen, beginnt zu sprechen und teilt mit einem wildfremden Menschen seine Erinnerungen. Der andere ist viele Jahre älter, ein im Büro angestellter Salaryman wie Tausende. Er erzählt seinerseits, über Tage und Wochen hinweg, Szenen eines Lebens voller Furcht und Ohnmacht, Hoffnung und Glück. Beide sind Außenseiter, die dem Leistungsdruck nicht standhalten, die allein in der Verweigerung aktiv werden. Aus der Erfahrung, dass Zuneigung in Nahrung verpackt, Trauer im Lachen verborgen werden kann und Freundschaften möglich sind, stärken sie sich für einen endgültigen Abschied und einen Anfang. 

Meine Meinung: 
Milena Michiko Flasar, die Autorin dieses kleinen Meisterwerks, habe ich während einer "Buslesetour", die einmal im Jahr in Bielefeld stattfindet kennengelernt. Hierbei hat sie aus ihrem neuesten Buch "Ich nannte ihn Krawatte" vorgelesen. Sie hat mich mit ihrer Art und Weise zu lesen, ihre geschriebenen Wörter rüberzubringen und gleichzeitig ihre einzigartige Geschichte zweier gegensätzlicher, aber gleichzeitig auch mit dem gleichen Schicksal gekennzeichnete Männer, gefangen. 
Ich war fasziniert und gefesselt, die zwanzig Minuten "zuhören" waren viel zu schnell vorbei. 
Fast euphorisch begann ich mit dem lesen des Buches, doch als ich die ersten paar Seiten las, trat schnelle Ernüchterung ein. Die Worte nicht mehr so schön wie gelesen, nicht mehr so bezaubernd wie sie zu hören, sondern leere Worthülsen, voller Melancholie halb geschriebener Sätze. 
Die Geschichten der beiden japanischen Männer, der eine Salarymann (ein typischer Angestellter) und eines Hikikomori waren ansprechend, wollten gut präsentiert werden, doch war für mich persönlich dies nur über die Stimme der Autorin möglich. Diese transportiere durch ihre Aussprache ihre eigenen Gedanken, dies war sehr ansprechend. 

Schlecht geschrieben war das Buch dennoch auf keinen Fall, mir fehlte womöglich einfach die Verbindung, die bereits bei dieser Buslesetour entstand. Die Autorin ist herzlich, wirkte immer sehr in Gedanken, was auch im Buch widergespiegelt wird. 
Auch wer sich für japanische Geschichte und das Leben dort interessiert, dem kann ich dieses Buch nur ans Herz legen. 
Mir hats gefallen, - das nächste Mal vielleicht nur einfach als Hörbuch.