Rezension

Eine märchenhafte und kurzweilige Liebesgeschichte zum Davonträumen

Zorn und Morgenröte
von Renee Ahdieh

„Jeden Tag erwählt Chalid, der grausame Herrscher von Chorasan, ein Mädchen. Jeden Abend nimmt er sie zur Frau. Jeden Morgen lässt er sie hinrichten.“ Dieser entsetzliche Kreislauf wird durchbrochen als Shahrzad sich freiwillig als Braut meldet, um den Tod ihrer besten Freundin Shiva zu rächen. Mit Geschichten gelingt es ihr, den scheinbar kaltherzigen König zu fesseln und ihre eigene Hinrichtung abzuwenden. Je mehr Zeit sie mit Chalid verbringt, desto mehr muss sie sich eingestehen, dass sie nicht mehr das Bild einer verrückten Bestie von ihm aufrechthalten kann, welches sie sich in ihrem Schmerz vorgestellt und auf das sie ihren Hass gerichtet hat. Etwas in ihr drängt sie dazu, die Ursache der zahlreichen Morde zu ergründen und von ihrem ursprünglichen Plan abzuweichen.  

Renée Ahdieh entführt in „Zorn und Morgenröte“ mit ihrer bildhaften Sprache in die sagenhafte Welt von 1001 Nacht. Diese neue Adaption der Geschichte von Schehrezâd hat mich daran erinnert, wie mir als Kind vor dem Schlafen orientalische Märchen vorgelesen wurden, zum Beispiel über Aladdin und die Wunderlampe und Sindbad dem Seefahrer. Wie in vielen Märchen üblich sind auch hier die Handlungen der Charaktere nicht immer nachvollziehbar, Gefühle entwickeln sich schnell und gleich tief und der Liebe wird die große Bedeutung zugesprochen, alles Schlechte überwinden zu können. Trotzdem konnte mich das Buch überzeugen, da die Charaktere vielschichtig ausgearbeitet sind, sowohl über Stärken als auch Schwächen verfügen und man durch Perspektivwechsel Einblick in ihre Gedanken, Empfindungen und Beweggründe bekommt. Der Leser wird von der magischen und ganz besonderen Atmosphäre des orientalischen Settings mitgerissen, das unter Berücksichtigung arabischer Begriffe authentisch beschrieben ist. Die Magie hätte für meinen Geschmack noch eine größere Rolle spielen können.

Die Hauptcharaktere Shahrzad und Chalid sind mir richtig ans Herz gewachsen. Shahrzads widersprüchlichen Emotionen als sie Stück für Stück lernen muss, dass sich Menschen nicht einfach in Gut oder Böse einteilen lassen, wurden für mich als Leser ebenso greifbar wie der Schmerz, den Chalid mit sich herumträgt. Ich hätte nur gerne mehr Einblick in Shahrzads Beziehung zu ihrer besten Freundin Shiva und ihrer ersten Liebe Tarik bekommen, die bis zum Ende zu ungenau blieben und mich daher nicht berühren konnten. Das hätte Shahrzads und Tariks Gefühle und Entscheidungen noch um einiges verständlicher und überzeugender gemacht.

Insgesamt würde ich das Buch als eine märchenhafte und kurzweilige Geschichte zum Davonträumen beschreiben. Ich bin gespannt wie es im zweiten Teil weitergeht.