Rezension

Eine Mission für die Zukunft?

Mission Pflaumenbaum -

Mission Pflaumenbaum
von Jens Wonneberger

Irgendwo in Ostdeutschland: Ein kleines Dorf, das nach und nach ausstirbt. Die Gurtfabrik wurde schon abgerissen, denn die Fabrikation in Fernost kommt billiger. Auch Jugendklub, Seniorentreff, Bibliothek und den "Dorfkrug" gibt es nicht mehr. Und doch ist Justine mit ihrem Mann hierhin gezogen - ihr Vater, der sie besuchen kommt, versteht das nicht wirklich. Doch was weiß er schon von seiner Tochter und was weiß sie von ihm? 

Persönliche Nähe und Distanz stehen auf der einen Seite; auf der anderen die politischen Zeitläufte: Kramer hat den Aufstand und die Wende miterlebt und bei aller Skepsis damals ein Stück Hoffnung empfunden. Was ist daraus geworden? Der alte Dorfbewohner Rottmann, der Kramer gleich bei seiner Ankunft anspricht und ihn während des Aufenthaltes immer wieder verfolgt und auf ihn einredet, erweitert den geschichtlichen Rückblick bis zum Ende des 2. Weltkrieges. Wie die Zukunft aussehen kann, ist fraglich: Die angekündigten Flüchtlinge werden sicherlich auf Ablehnung stoßen, und das nicht nur durch Worte.

Trotz so viel Skepsis und Resignation gibt es zum Schluss doch noch einen positiven Ausblick: Kramer wird wiederkommen, und er will gemeinsam mit seiner Tochter Justine den abgestorbenen Pflaumenbaum absägen. Ist diese "Mission" ein Symbol dafür, etwas Altes abzuschließen und Platz für etwas Neues zu schaffen?

Inhaltlich erzählt Jens Wonneberger nichts Neues: Die Trostlosigkeit der Dörfer ohne Zukunft, die Resignation und die hilflose Wut ihrer Bewohner wird nicht zum ersten Mal thematisiert. Dennoch ist diese Beschreibung lesenswert: Wonneberger schreibt vorsichtig, zurückhaltend und sehr poetisch. Wenn Justine einen Sonnenuntergang betrachtet, der alte Rottmann wie ein Vogel beschrieben wird (ein Geier, ein Marabu - oder am ehesten ein Webervogel) oder Kramer den Weg vom abgelegenen Haus der Tochter in die "Stipendie" wandert, ist das berührend. Wer also leise Töne mag und auf action verzichten kann, dem sei dieses Buch empfohlen.

"Mission Pflaumenbaum" steht auf der Nominierungsliste zum Deutschen Buchpreis 2020.