Rezension

Eine Nacht zwischen Leben und Tod

NACHTWILD - Gin Phillips

NACHTWILD
von Gin Phillips

Bewertet mit 4.5 Sternen

Joan ist mit ihrem vierjährigen Sohn Lincoln im Zoo, welchen Sie kurz vor Schluss verlassen möchten. Als sie auf dem Weg zum Ausgang Schüsse hören, verwandelt sich der zuvor beschauliche Tag in einen grausamen Horrortrip. Joan und Lincoln müssen sich nun vor den Gefahren schützen. Schafft Joan es  mit all ihrer Mutterliebe ihren Sohn vor den entsetzlichen Seiten der Menschen zu schützen, die ihnen an dem Abend begegnen?

 

 

Die Handlung kann ich nur umreissen ohne entscheidende Passagen des Buches zu verraten. Viel kann überhaupt nicht passieren, da die Geschichte nur ca. 3 Stunden umfasst. Die drei Stunden werden abwechslungsreich erzählt; Es finden Rückblenden statt, in denen man als Leser die Beziehung zwischen Lincoln und Joan spürt; es werden Sichtweisen gewechselt; andere Personen sind ebenfalls involviert. Dabei ist der Leser anfangs genauso ahnungslos wie die Protagonisten, erfährt aber bald darauf mehr, sodass man ihnen einen Schritt voraus ist.

 

Der Thriller punktet eindeutig durch tiefgründige Charakterdarstellung! Phillips konzentriert sich hauptsächlich auf Lincoln und Joan, wessen starke Bindung durch das geschilderte Erlebnis vertieft wird. Die Bedürfnisse des Sohnes stehen oft gegen Joans Gefühl der Sicherheit. Dies führt zu Zwickmühlen, in denen Sie ihre eigene Moral testen muss und ihr Leben möglicherweise aufs Spiel setzt. Lincolns kindliche Unschuld und Neugier wurde von der Autorin eindrücklich vermittelt. Ich habe größtenteils nicht einen Augenblick an den Motivationen der Handlungen der Personen gezweifelt, alles wirkte sehr authentisch.

 

Gin Phillips erzeugt durch ihren Schreibstil eine bedrückende, realistische Atmosphäre. Dadurch gerät man als Leser in die Situation der beiden hinein. Man fühlt sich gefangen, hoffnungslos und verzweifelt.
Wie so oft, liest sich auch „Nachtwild“ als Thriller sehr schnell. Das ist nichts Neues und wie gewohnt sehr angenehm. Ein Satz blieb mir besonders im Gedächtnis. Dieser steht für den erstklassigen Schreibstil, der anders als bei den meisten Thrillern wortgewandt und berührend ist: „Bleibst du für immer meine Mommy? fragte er, kurz nachdem sie gesehen hatten, wie im Film der Himmel von Explosionen erleuchtet war. Für immer, sagte sie. Bist du auch noch meine Mommy, wenn ich erwachsen bin? Aber sicher. Kann ich noch bei dir wohnen, wenn ich erwachsen bin? Bloß nicht, flüsterte Paul, als er hinter dem Sofa vorbeiging, sein Atem warm an ihrem Ohr, aber sie sagte Natürlich.“ (S. 102).

 

Das Cover ist durchschnittlich gestaltet. Es ist in tiefem schwarz gehalten, der Titel und die Autorin sind in dünnen großgeschriebenen Buchstaben sichtbar. Nur der rot-schwarze Jaguarkopf in Frontalansicht sticht deutlich heraus und ist als Prädator ein Symbol für Gefahr. Selbstverständlich baut er auch den Bezug zum Zoo auf, in welchem sich die Handlung abspielt. Die Gestaltung ist dennoch sehr statisch, möglicherweise zu schlicht und verbunden mit dem Titel etwas irreführend.

 

„Nachtwild“ ist allen Thriller Fans und allen, die es werden wollen, wärmstens zu empfehlen. Dieses Buch enthält alles, was ein Thriller enthalten muss: Eine großartige Spannungskurve, harmonische Charaktere, überraschende Momente und eine originelle Idee.