Rezension

Eine packende Novelle, die erzählt, wie man sich über die negativen Dinge und Vorurteile "erhebt"

Erhebung - Stephen King

Erhebung
von Stephen King

Bewertet mit 4 Sternen

Eine fesselnde Geschichte, die so viel enthält, dass sie viel schwerer wiegt als ihre 150 Seiten, auf denen sie erzählt wird

“Erhebung” hat mich wegen der interessanten Mystery-Story neugierig gemacht. Es spielt in Castle Rock und es geht darum, dass Scott auf unerklärliche Weise immer mehr an Gewicht verliert, ohne dabei seine Figur zu verlieren. Und das unheimlichste daran ist, dass er zusätzliches Gewicht verschwinden lässt. Denn selbst mit Gewichten in der Hand zeigt ihm die Waage immer das Gleiche an. Klingt also eigentlich nach einer tollen Gruselgeschichte. Es ist ja auch immerhin von King. 

Da habe ich mich aber weit getäuscht. Ganz im Gegenteil. Erhebung ist viel mehr eine zeitgenössische, freundliche und warmherzige Novelle. Es geht um das Miteinander, um Diversität und vor allem geht es um Toleranz und das Ablegen von Vorurteilen. Enttäuscht war ich deshalb aber nicht. Ich war positiv überrascht, denn am Ende hat mich das Buch mit einer gesunden Mischung aus Betroffenheit und Glückseligkeit zurückgelassen. 

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Scott ist ein gutherziger Charakter, der in einer beschaulichen Kleinstadt lebt. Er ist glücklich, kommt mit allen gut zurecht und fügt sich gut ein. Doch als er den Kontakt zu dem lesbischen Ehepaar in seiner Straße aufbaut, bemerkt er, dass seine Stadt ziemlich konservativ ist und republikanisch denkt. Einige in der Stadt sind regelrecht homophob und boykottieren das Restaurant, dass die zwei Frauen in der Stadt eröffnet haben. Die Ehefrauen machen es Scott dabei auch nicht leicht, denn auch Deydre, die eine der beiden Frauen, ist voreingenommen und denkt, dass er ihnen nur Böses will. Sie streiten sich und gehen keinen Schritt auf ihn zu. 

Die Krankheit mit dem Gewichtsverlust spielt bei erster Betrachtung eher eine Nebenrolle. Sie hätte vielleicht auch durch jede beliebige Krankheit ausgetauscht werden können. Aber sie fügt sich so nahtlos in die Geschichte ein und bietet tolle Metaphern. In Erhebung setzen wir uns auf eine interessante Art und Weise mit dem Tod und der Selbstbestimmung auseinander. Scotts Krankheitsverlauf ist nicht erdrückend oder traurig, es ist beinahe positiv, wie er sich über die Dinge "erhebt", die Welt sieht und seine Ziele steckt. Er erhebt sich nicht nur physisch. Er erhebt sich auch über die negativen Dinge und über die Vorurteile und bringt Menschen zusammen, was letztendlich das einzige ist, was zählt. 

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Ein Kritikpunkt ist aber der Preis. Klar, es ist ein King. Aber 12 Euro für weniger als 150 Seiten finde ich einfach nicht gerechtfertigt.