Rezension

Eine perfekte Dystopie

Flawed - Wie perfekt willst du sein?
von Cecelia Ahern

Bewertet mit 5 Sternen

Die 17-jährige Celestine lebt in einer Welt, in der es zählt, perfekt zu sein. Eine falsche moralische Entscheidung und man wird als "fehlerhaft" gebrandmarkt, ausgestoßen aus der Gesellschaft und für immer geächtet. Celestine ist perfekt, die offizielle Freundin des Sohnes des höchsten Richters der Gilde und ein schulisches Ass. Bis sie im Bus eine vermeintlich falsche Entscheidung trifft.

Ich bin echt überrascht, wie gut Cecelia Aherns erste Dystopie tatsächlich geworden ist. Dass ihr Schreibstil super ist, muss ich ja sicher nicht erwähnen. Man fliegt einfach so über die Seiten und trotzdem schafft sie es, die Geschichte durch Beschreibungen und Erklärungen lebendig werden zu lassen, ohne sich zu lange mit Geplänkel aufzuhalten.

Schon die Idee zur Handlung dieses Buches gefällt mir außerordentlich und ist immer aktuell, denn im ersten Sinne geht es um Ausgrenzung und Diskriminierung, ausgelöst durch das Streben nach Macht eines Einzelnen. Aber es geht auch um Loyalität, Familie, Mut und noch viel mehr. Es ist grausam und emotional gleichermaßen, zu lesen, in was für einer schrecklichen Welt diese Menschen leben müssen. Die Autorin hat es geschafft, so viel in ihr Buch einfließen zu lassen und immer wieder musste ich mich fragen, was ist eigentlich Moral und verstoßen nicht die dagegen, die sie versuchen in ein Gesetz zu pressen? Das wird auch der Protagonistin so langsam bewusst, während sie versucht, in ihrer neuen Realität klar zu kommen.

Dabei war ich besonders darüber überrascht und gleichermaßen erfreut, dass es sich um ein farbiges Mädchen handelt, welches keine Heldin im herkömmlichen Sinne ist. Nein, Celestine ist ein ganz normales Mädchen, der auch mal die Tränen kommen und die zwischendrin auch mal aufgeben will. Sie ist ein Mädchen, welches sich anfangs keine Gedanken über Politik macht und das System, in dem sie lebt, für ganz normal hält. Und auch, wenn sie sich in eine sehr interessante Richtung entwickelt, indem sie beginnt, das System in Frage zu stellen, ist am Ende des Buches noch Spielraum nach oben offen. Auch so ist es offen, wie es im zweiten Band weiter geht und ich freue mich schon darauf, weiter zu lesen.

Was die anderen Charaktere angeht, so sind alle auf ihre Art und Weise toll geschrieben. Celestines Familie ist großartig. Wie gerade ihre Eltern für sie kämpfen, hat mich sehr berührt und ich mochte sie beide sehr. Ihren Freund Art mochte ich überhaupt nicht. Er kam mir sehr egoistisch und feige vor, ganz zu schweigen von seinem Vater Crevan, dem obersten Richter und machthungrigen Irren, so wie ich ihn gern beschreiben möchte. Er ist verabscheuungswürdig bis ins Mark. Es kommen aber noch viele andere interessante Charaktere im Laufe der Handlung dazu, die mich teilweise sehr überrascht haben.

Wer eine gute Jugend-Dystopie lesen will, die den Leser ganz automatisch zum Nachdenken anregt, der sollte dieses Buch auf jeden Fall lesen. Mich hat es jedenfalls sehr packen können, ich habe mit den Charakteren gelitten, Celestine gefeiert und Crevan verabscheut. Und die circa 460 Seiten waren weg gelesen wie Nichts.