Rezension

Eine Reise zu sich selbst

Als hätten sie Land betreten -

Als hätten sie Land betreten
von Claudia Sammer

Zum Inhalt möchte ich nicht viel sagen, da ich nicht zu viel verraten möchte. Es geht zunächst um die besondere Freundschaft zwischen Veza und Lotti. Sie gehen im Guten auseinander, sehen sich aber nie mehr wieder. Diese Freundschaft wird über mehrere Generationen hinweg eine große Bedeutung haben. Mit den beiden Figuren sind weitere vier Frauen verbunden, an deren Leben wir auch teilhaben dürfen. Alle sechs Frauen hatten es nicht leicht im Leben, hatten schwere Schicksäler. Und doch finden sie auf besondere Weise zu sich selbst und zu einem unabhängigen Leben.

Es handelt sich hier mit 172 Seiten um ein Büchlein, welches aber von einer unglaublichen Intensität ist und in dem jedem Satz eine große tiefgehende Bedeutung beigemessen werden kann. 

Die Sprache ist durchgehend poetisch und bildhaft, sodass die Gedanken und Gefühle der verschiedenen Frauen so greifbar und eindrücklich beschrieben sind, dass man einen Moment in sich gehen muss, um über das Geschriebene zu reflektieren. Man muss aufmerksam lesen, um den Mehrwert jedes einzelnen Satzes aufzugreifen.

Die Zeit- und Perspektivsprünge sind sehr klug eingesetzt worden, weil auf diese Weise im Laufe des Romans unterschiedliche Sichtweisen auf die einzelnen Frauen ermöglicht werden. Die Frauen aus verschiedenen Generationen werden somit miteinander verknüpft und es wird deutlich, welchen Einfluss sie aufeinander haben. Der Roman ist perfekt abgerundet und endet damit, wie er angefangen hat, nämlich mit der Freundschaft zwischen Lotti und Veza.

Die Bandbreite an Themen ist sehr groß. Es geht um Verlust, Unsicherheit, das Einnehmen anderer Rollen im Leben, das Nicht verstanden werden, Fremdsein, Abhängigkeit und Unabhängigkeit, Sich Finden und Sich Verlieren, die Schönheit der Natur und des Lebens, verschiedene Ansichten über Gott und die Welt.

Alle Frauen haben schwierige Zeiten gehabt, aber wieder zu sich gefunden, indem sie ihre Unabhängigkeit wiedererlangt haben.

Zudem geht es auch darum, was die Liebe und ihre Abwesenheit mit einem macht, die Liebe zu und von den Eltern, die Liebe zwischen Mann und Frau, die Liebe zu Gott. Wie löst man sich von den anderen, die einen vorschreiben wollen, was zu tun und zu lassen ist, und geht seinen eigenen Weg?

Fazit:

Das Buch hat mich mit seiner poetischen Bildsprache und den vielfältigen und tiefgehenden Gedanken begeistert. Ich kann aus diesem Buch sehr viel mitnehmen und werde es mit Sicherheit noch weitere Male lesen. Zudem habe ich eine neue Autorin entdeckt, deren andere Romane ich sehr gerne lesen möchte.