Rezension

Eine riesen Enttäuschung nach einem grandiosen Anfang

Das Apfelblütenfest - Carsten Sebastian Henn

Das Apfelblütenfest
von Carsten Sebastian Henn

Puh, wo soll ich nur anfangen. Der Klappentext verrät nur wenig über die Stimmung und die Geschichte, die "Das Apfelblütenfest" beinhaltet. Somit habe ich ohne große Erwartungen mit dem Lesen begonnen, bereit dazu, mich überraschen zu lassen. Und das hat "Das Apfelblütenfest" auch geschafft. Schon der Prolog konnte mich gefangen nehmen und nach wenigen Seiten war ich das erste Mal den Tränen nahe. Wir begleiten den 9-Jährigen Jules, wie er in einen alten Apfelbaum eine Stellenanzeige ritzt. Er sucht eine Haushälterin, die nach dem Selbstmord seiner Mutter, dem Vater unter die Arme greifen und wieder ein wenig Freude in das Haus bringen soll. Diese Stelle fand ich unglaublich berührend und schnell war ich völlig begeistert von dem Buch.

Auch das französische Flair bringt Sebastian Carsten Henn perfekt rüber. Ich bin ein großer Fan von französischen Filmen und Büchern und somit war die perfekte Beschreibung der Normandie und der Menschen die dort leben nur ein weiterer Pluspunkt. Auch der Schreibstil war angenehm zu lesen. Er ist sehr bildhaft und intensiv.

Auf Jules Stellenanzeige meldete sich nie jemand, bis viele Jahre später die sympathische und liebenswerte Lilou an dem Baum vorbei kommt. In ihrem Leben geht gerade alles drunter und drüber. Sie versteht die Stellenanzeige als einen Wink des Schicksals und  geht zu Jules Hofgut, um sich zu bewerben (nichtsahnend, dass Jules mittlerweile zu einem attraktiven, wenn auch etwas mürrischen Mann heran gewachsen ist). Tatsächlich stellt ihr sie ein. Lilou bringt frischen Wind auf das Hofgut und auch in Jules Leben. Doch der erfährt nach kurzer Zeit, dass er schwer krank ist. 

Auf den ersten ca. 200 Seiten habe ich diese Geschichte geliebt. Ich mochte die witzigen Dialoge zwischen Lilou und Jules, liebte die Charaktere, den Handlungsort und die Atmosphäre. Ich war wirklich hin und weg und nutzte jede Gelegenheit zum Lesen. Doch dann kam die Geschichte an einen Punkt, an dem ich nur noch den Kopf schütteln konnte und mich fragte, was das nun in dieser Geschichte zu suchen hat. Auch rückblickend ergibt dieses Ereignis einfach keinerlei Sinn und hätte gut weg gelassen werden können. Normalerweise vermeide ich Spoiler, doch bei diesem Buch muss es einfach sein. 

***SPOILER ANFANG!***

Lilou wird von dem Bürgermeister (beinahe?) vergewaltigt. Im Kampf fällt er und stirbt. Sie sagt niemandem etwas und gerät dadurch unter Mordverdacht. Lediglich ihre beste Freundin und Jules wissen Bescheid, doch die unternehmen: Nichts. Als hätte der Bürgermeister lediglich einen Lolli geklaut. Doch was mich am meisten störte: Auch Lilou verhält sich nicht anders. Es scheint ihr nichts auszumachen. Abgesehen von diesem seltsamen Verhalten, trägt dieses Ereignis auch überhaupt nicht zur Entwicklung der Geschichte bei. Es war einfach unnötig.

***SPOILER ENDE!***

Doch damit nicht genug! Auch die so liebenswerte Lilou begeht einen Fehler, den ich einfach nur bescheuert finde und mich frage, was bei ihr eigentlich falsch gelaufen ist. Dies hat mich besonders getroffen, weil ich die Charaktere in dieser Geschichte so gerne mochte. Auch hier wieder ein Spoiler:

***SPOILER ANFANG!***

Jules ist bereits schwer krank und weiß, dass er nur noch wenige Monate zu Leben hat. Wenige Tage ist er nun mit Lilou zusammen, als diese auf die glorreiche Idee kommt, dass sie ein Kind von ihm möchte. Die beiden geraten in einen großen Streit, weil Jules kein Kind in die Welt setzen möchte, in dem Wissen, dass er nicht für das Kind da sein kann. Nach einigen Tagen vertragen sich die beiden und nach wenigen Wochen eröffnet Lilou Jules, dass sie schwanger sei. Ohne Worte...

***SPOILER ENDE*** 

So, das war's nun mit den Spoilern. Zum Ende sei noch gesagt, dass ich es kaum erwarten konnte, das Buch endlich zur Seite zu legen. Es wurde immer seltsamer und absurder. Nach dem wirklich unfassbar tollen Anfang konnte ich es kaum fassen, in welche Richtung sich dieses Buch entwickelt hat.

Fazit: Wie viele Sterne vergibt man in solch einem Fall? Ich habe mich für 2,5 Sterne entschieden, da mir der Anfang wirklich gut gefallen, mich das Ende aber extrem enttäuscht hat. Leider bleibt beim Zuschlagen eines Buches ja meist das Ende in Erinnerung. So leid es mir auch tut: Ich kann dieses Buch niemandem empfehlen.