Rezension

Eine runde Sache!

Gift - Peer Meter, Barbara Yelin

Gift
von Peer Meter Barbara Yelin

Bewertet mit 5 Sternen

„Wie kommt es, dass jede Hinrichtung uns mehr beleidigt als Mord?“
S. 190

Eine junge londoner Schriftstellerin ist beauftragt einen Reisebericht über Bremen zu verfassen. Als sie in der Hansestadt ankommt erfährt sie, dass dort am nächsten Tag eine Giftmörderin hingerichtet werden soll. Sie ist entsetzt. Zum einen über die Hinrichtung einer Frau als solches aber auch über ihre Taten. Wie kommt man dazu seine Eltern, seine Ehemänner, ja sogar seine eigenen Kinder zu vergiften? Und wieso wird eine Frau, die doch offenbar psychisch krank ist, mit dem Tode bestraft?

Schnell zieht auch unsere junge Erzählerin die Aufmerksamkeit auf sich. Eine allein reisende Frau? Ohne die Führung eines Ehegatten und auch noch mit beruflichen Ambitionen? Das sorgt für Unverständnis und Misstrauen. Vielleicht will sie gar ein Buch über die Mörderin schreiben! So muss sich die Schriftstellerin mit harschen Vorurteilen herumplagen und nebenbei das Gefühlschaos in Zaum halten, dass die Verurteilte Gesche Gottfried bei ihr auslöst.

Peer Meter hat eine wunderbare Erzählweise gefunden. Genauso fremd wie die Schriftstellerin kommt man als Leser in die Stadt und erfährt nach und nach mehr über Gesche Gottfried. Meter lässt verschiedene Leute zu Wort kommen, die mit dem Fall direkt zu tun hatten und versorgt den Leser so mit allerlei Informationen. Die Teile in denen die Gottfried selbst vorkommt sind besonders stimmungsvoll. Aber auch die Geschichte um die junge Erzählerin ist spannend! Beides zusammengenommen hat mich die Novel kaum aus der Hand legen lassen.

Und dann die Zeichnungen! Barbara Yelin hat hier wirklich großartige Arbeit geleistet. Das Highlight ist natürlich die farbige Kohle- oder Pastellzeichnung auf dem Cover. Eigentlich ist das Portrait recht schlicht und skizzenhaft, aber gleichzeitig sehr intensiv! Auch die Zeichnungen innen sind ganz in Kohle gehalten und haben etwas skizzenhaftes. Das mochte ich sehr gerne. In passenden Situationen sind die Figuren etwas überzeichnet, was ich hier sehr niedlich fand. Die ernsteren Szenen sind schlicht gehalten und spiegeln die bedrohliche Stimmung wieder. Es erstaunt mich fast, wie sehr mir die Zeichnungen letztlich gefallen haben, weil ich beim ersten durchblättern eher skeptisch war. Davon ist aber nichts mehr übrig geblieben.

Wie auch schon bei Peer Meters "Haarmann" ist die Geschichte mit Originaltexten aus den Verhörprotokollen gespickt. Und es gibt am Ende einige kurze Informationen zu den historischen Persönlichkeiten, die in Buch auftauchen. Das rundet die Geschichte wunderbar ab. Für mich war es ein spannendes und erstaunlich nachdenkliches Leseerlebnis mit eindrucksvollen Bildern, Köpfchen und Gefühl. Ganz toll!