Rezension

Eine schicksalhafte Begegnung

Schicksal -

Schicksal
von Zeruya Shalev

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Rachel steht vor der Tür ihrer einstigen Schwiegermutter, bittet um Einlass. Mit Meno, ihrem damaligen Ehemann, möchte sie sprechen. Jedoch wird ihr dies vehement verweigert. Warum?

Szenenwechsel: Menos Tochter Atara steht vor der Tür der mittlerweile 90jährigen Rachel. Atara will Antworten, ihr Vater (Meno) ist vor kurzem gestorben.  Dem großen Tabu aus ihrer Kindheit will sie nun endlich auf den Grund gehen. Nie erzählt er von Rachel, seiner ersten Frau, ihrer gemeinsame Zeit bei der Lechi und auch nicht, dass es schon mal eine Atara gab, nach der er seine Tochter benannt hatte.  Atara ist überzeugt, dass diese Frau sein Leben zerstört hat und inzwischen auch ihres. Da klingt sehr viel Verbitterung durch und diese treibt sie an, sie will mehr wissen.

Atara pendelt zwischen Rachel und deren Geschichte und ihrer Familie, niemandem wird sie gerecht, am wenigsten sich selbst. Sie möchte das Gestern ergründen, dabei stößt sie bei Rachel zunächst auf wenig Bereitschaft, sich ihr zu öffnen. Und doch bleibt es nicht aus, dass sich Rachel nochmal mit ihrem Kampf für die Freiheit Israels gegen die Briten auseinandersetzt. Hier klingt der fortdauernde politische und religiöse Konflikt Israels immer wieder durch, es wird eher angedeutet denn deutlich.

In Ataras Ehe steht es nicht zum Besten, sie ist permanent unzufrieden und lässt dies Alex deutlich spüren. Die erwachsenen Kinder aus beider erster Ehe sind aus dem Haus, der gemeinsame Sohn Eden, der Elitesoldat, den sie schwärmerisch ihren „Garten-Eden-Sohn“ nennt, sucht im Glauben seinen inneren Frieden.

Das Schicksal fragt nicht, es schlägt unerbittlich zu. Die familiäre Problematik mit all ihren Geheimnissen und Lügen, der Unzufriedenheit, sich vor dem Leben verschließen wollen sind Phasen, die bewältigt werden wollen. Es geht auch um Verlust und Trauerbewältigung -  jeder durchlebt dies anders.

Schicksalhaft waren und sind ihrer aller Leben. Rachel setzt sich nochmal mit ihrer Zeit im Widerstand auseinander, Atara kämpft in ihrer Ehe und steht letztendlich an einem Wendepunkt. Dies alles vor der Kulisse Israel. Wer jedoch einen politischen Hintergrund erwartet, wird großteils enttäuscht sein. Sollte man die Vergangenheit ruhen lassen? Oder nochmal längst vergessen gemeinte Konflikte hervorkramen? Aufarbeiten wird eher nicht mehr möglich sein.

Mir hat dieses "Schicksal", je weiter ich las, immer besser gefallen und das offene, aber doch versöhnliche Ende ist dieser Geschichte gerecht geworden. Ein vielschichtiges Buch über das Leben und die Liebe an sich, ehrlich und ungeschönt ist ausgelesen und von mir für gut befunden. Gerne bin ich ein Stück des Weges mit Rachel, Atara und all den anderen gegangen.