Rezension

Eine schöne Geschichte über Gefühle und die Suche nach einem Seelenverwandten

Fühlinchen - Nanna Neßhöver

Fühlinchen
von Nanna Neßhöver

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Fühlinchen ist ein ganz außergewöhnliches Schaf. Und in seiner Herde ist es einzigartig. Denn: Die Fellfarbe von Fühlinchen passt sich an seine Gefühlslage und Stimmung an. Während die anderen Linchens in der Herde immer gleich aussehen und man ihnen ihre Freude, Wut oder Trauer gar nicht ansieht, wechselt die Farbe von Fühlinchens Fell von rot nach blau bis hin zu grün. Deswegen fühlt Fühlinchen sich einsam und begibt sich auf eine große Reise, um ein anderes Fühlinchen zu finden. Es trifft viele unterschiedliche Tiere mit vielen unterschiedlichen Stimmungen und Gefühlen. Aber wird Fühlinchen auch ein Tier treffen, das so ist wie es?

Meine Meinung:
Auf den ersten Blick wirkt das Bilderbuch wie ein typisches Gute-Nacht-Buch für kleine Kinder. Der Hintergrund ist in einem dunklen Blau-Grün, umgeben von Pflanzen in matten Farben, einem Halbmond und Sternen. In der Mitte steht ein niedliches weißes Schaf – ein typischer Protagonist in einer Gute-Nacht-Geschichte. Der Titel verrät auch nicht allzu viel – Fühlinchen – und lässt offen, worum es genau geht.
Die Geschichte ist aber eben keine typische Gute-Nacht-Geschichte, auch wenn sie natürlich vor dem Schlafengehen vorgelesen werden kann. Es geht um das Schaf Fühlinchen – die Schafe werden in diesem Buch Linchen genannt -, das in einer Herde lebt. Dort fällt es auf wie ein bunter Vogel, denn sein Fell wechselt je nach Stimmung die Farbe. Was für eine tolle Idee! Ich musste gleich an die Gefühlsringe von früher denken, die angeblich bei unterschiedlichen Gefühlslagen eine bestimmte Farbe angenommen haben.
Für Fühlinchen ist dieser Umstand aber leider nicht so toll, denn es kommt nicht damit klar, dass es anders ist und mit diesem Anderssein allein ist. Ich denke, hier können sich einige Kinder gut mit Fühlinchen identifizieren. Denn auch wir Menschen können unsere Gefühle nicht immer verstecken und auf unterschiedliche Art und Weise zeigen. Wenn mir etwas unangenehm oder peinlich ist, werde ich sehr schnell rot. Und das wiederum ist mir so unangenehm, dass ich noch röter werde – ein Teufelskreis. Wenn man traurig ist, kann es schonmal vorkommen, dass man weint. Bei einigen Leuten können Gefühle auch körperliche Symptome wie Bauch- oder Kopfschmerzen haben. Und wieder andere Menschen sind wie die anderen Linchen – und lassen sich ihre Gefühle gar nicht anmerken.
Auf der Suche nach einem Seelenverwandten trifft Fühlinchen viele Tiere, die exotischer nicht sein könnten: ein Stachelschwein, ein Erdmännchen, ein Flamingo und Faultiere. Auch diese Tiere haben vereinzelt eine eher ungewöhnliche Farbe, je nach dem Gefühl oder der Stimmung, für die sie stehen. Fühlinchen ist auf den Bildern jeweils in der gleichen Farbe wie das Tier bzw. die Tiere, die es gerade getroffen hat, abgebildet. Außerdem wird das Adjektiv für das Gefühl bzw. die Stimmung ebenfalls in der jeweiligen Farbe dargestellt. Schade finde ich, dass dies nicht bereits am Anfang des Buches so gehandhabt wurde, etwa mit den Gefühlen Trauer oder Stolz – denn auch hierfür gibt es eine spezielle Farbe, die auf den Bildern durch Fühlinchen veranschaulicht wird.
Leider gibt es auch ein paar klitzekleine Kritikpunkte. Zum Einen finde ich, dass auf den Bildern nicht wirklich ersichtlich ist, um welches Gefühl es sich denn nun handelt. Und gerade bei Kindern, die die Gefühle noch nicht benennen können oder die Wörter für die Gefühle nicht kennen und zuordnen können, kann es daher schwierig sein, zu verstehen, um welche Gefühle es jeweils geht. Bei den Farben, die die Gefühle darstellen sollen, handelt es sich meist um die üblichen Farben, die mit den jeweiligen Gefühlen oder Stimmungen assoziiert werden – etwa Violett für Müdigkeit, Gelb für Freude und Orange für Neugierde. Allerdings gibt es auch einige Farben, die nicht zu den bekannten Gefühlsfarben gehören – was ich allerdings nicht als wirklich schlimm empfinde.
Außerdem finde ich die Pointe schwierig. Die Tiere werden alle nur mit jeweils einem Gefühl dargestellt, aber am Ende ist die Moral, dass jeder mal das eine und mal das andere fühlt. Das hat sich aus der Geschichte für mich jetzt nicht so ergeben – denn hier fühlt nur Fühlinchen mal das eine und mal das andere – die anderen Tiere scheinen im Laufe der Geschichte immer das gleiche Gefühl oder die gleiche Stimmung beizubehalten.
Insgesamt finde ich dieses Bilderbuch und die Geschichte wirklich empfehlenswert. Die Idee ist neu und für die Kinder gibt es neben den Gefühlen auch noch einiges anderes zu entdecken, insbesondere die unterschiedlichen Tierarten. Auch die Illustrationen finde ich wirklich niedlich und ansprechend. Daher bekommt das Buch trotz der kleinen Kritik 5 Sterne.