Rezension

Eine schöne Geschichte voller Poesie

Der kleine Wassermann, kolorierte Ausgabe - Otfried Preußler

Der kleine Wassermann, kolorierte Ausgabe
von Otfried Preußler

Bewertet mit 5 Sternen

»Der kleine Wassermann« sowie »Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« sind die beiden Bücher meiner frühen Kindheit, von denen in meiner Erinnerung Bilder geblieben sind: beim »Kleinen Wassermann« vor allem der Ritt über das Mühlrad und die trockenen Füße. »Der kleine Wassermann« war ein Buch meines vier Jahre älteren Bruders und ich bin nicht sicher, ob ich es damals gelesen habe oder ob es mir vorgelesen wurde. Jedenfalls hat es bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen, mehr als Preußlers »Kleine Hexe« oder das »Kleine Gespenst«, die mir später geschenkt wurden.

Für diejenigen, die das Buch noch nicht kennen: Preußlers »Kleiner Wassermann« erzählt die Geschichte vom ersten Lebensjahr der Titelgestalt: Der kleine Wassermann wird im Frühjahr im Mühlenweiher geboren – mit grünen Augen, grünen Haaren und Schwimmhäuten zwischen den Fingern, wie es sich für einen richtigen Wassermann gehört; er erschließt sich in der Folgezeit seine Welt im Weiher und Teile der Welt um den Weiher, lernt auch Menschen kennen – sehr schnell kann er schwimmen, bald sprechen, da Wassermänner schneller groß werden und sich entwickeln wie Menschen –, bis sich Wassermanns im Winter zum Winterschlaf niederlegen.

Das Buch hat eine Fülle schöner Bilder und Szenen – etwa die Freude des Wassermann-Vaters über seinen eben geborenen Sohn; das große Fest mit der Verwandtschaft zu Ehren des Jungen und das Kommen des Moormanns, der noch einen ganzen Schwall Moorwasser mitbringt, so dass sich der Weiher kurzzeitig verdunkelt; die Erkundung des Weihers durch Vater und Sohn und der Karpfen Cyprinus; wie der kleine Wassermann erstmals Libellen sieht und denkt, sie schwömmen – sehr schön wird hier (wie später auch beim Mond) der erste Blick eines Kindes auf bislang Unbekanntes beschrieben, das es nach dem, was es kennt, zu verstehen versucht; die schwimmenden Menschen, die die Wassermänner von unten sehen, mit ihren komischen Bewegungen, um über Wasser zu bleiben; die trockenen Füße, die Wassermänner bekommen, wenn sie zu lange außerhalb des Wassers sind … Das Ganze wird unterstützt durch die sehr gut zur Geschichte passenden Zeichnungen.

Heute, aus der Perspektive des Erwachsenen gelesen, bleibt »Der Kleine Wassermann« eine schöne Geschichte, voller Poesie; sie schafft eine kleine Fantasiewelt, welche zeigt, wie ein kleiner Junge sich die Welt erschließt, und von der aus man auch manches aus unserer Realität mit amüsierter Distanz sehen kann.

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 28. August 2017 um 23:58

eins der schönsten Kinderbücher überhaupt - und einer der besten Autoren ;)

wandagreen kommentierte am 30. August 2017 um 20:07

Das stimmt aber so was von. Der scheue Preußler war einfach genial mit seiner Kinderliteratur. Und die besten Geschichten, wie diese, sind solche, die auch Erwachsene noch verzaubern - oder die man nie ganz vergisst. Schöne, nostalgische Rezension.

 

Steve Kaminski kommentierte am 30. August 2017 um 21:07

Danke!