Rezension

Eine schöne Idee, leider aber mit vielen inhaltlichen Schwachstellen

Agalstra - Anna Herzog

Agalstra
von Anna Herzog

Der Klappentext von Agalstra hat mich ziemlich neugierig auf diese Geschichte gemacht. Vor allen Dingen war ich gespannt, wie das Thema Theater in die so wunderbar geheimnisvoll klingende Geschichte integriert wird und ob sich vielleicht danach junge Leser für einen Gang ins Theater begeistern könnten. Ich war in Erwartung einer mitreißenden Geschichte, die vor dem Hintergrund eines aufregenden Settings, einer mysteriösen Burg, spielt und war leider umso enttäuschter, als ich bemerkt habe, wie viele Schwachstellen die grundsätzlich schöne Idee der Geschichte aufwies.

Ich denke, dass es kein gutes Zeichen ist, wenn man ein Buch beendet und sich dabei gleichzeitig fragt: Habe ich etwas überlesen? Muss ich das Buch noch einmal lesen, um es zu verstehen? Gerade im Kinderbuch darf diese Frage am Ende nicht aufkommen. Die Geschichte sollte in sich so plausibel und verständlich sein, dass ein Kind mit zehn Jahren es auf Anhieb versteht. Zurückblättern oder gar von vorne anfangen müssen ist keine Option.

Aber genau das ist die größte Schwachstelle dieses Buchs. Die Autorin wollte teilweise zu viel und hat damit das Gegenteil erreicht. Ein Beispiel: Das Buch wird durchzogen von nennen wir es mal Tagtraumsequenzen der Kinder, in denen sie in die Zeit, in der das Theaterstücks spielt, zurück versetzt werden. Als Leser ist man nach diesen Szenen jedoch nur maßlos verwirrt. Sie werden unmittelbar in die Geschichte eingebaut, die Kinder lassen ihre Erfahrungen danach jedoch unkommentiert, was absolut unverständlich ist und es kommen die Fragen aufwirft: Handelt es sich um eine parallele Geschichte? Die Fantasie der Kinder? Oder gar Realität?

Ein leises Knirschen. Leichte Schritte im Wald, der von oben aussah, als hülle das Mondlicht ihn ein und nichts dringt je in sein dunkles Inneres. (S.7)

Auch wird das Buch durchzogen von Dialogsequenzen, die zwar farblich und mit einem Kasten vom Rest des Textes abgesetzt werden, wer jedoch überhaupt spricht und worum es geht, ist vollkommen unverständlich und auch am Ende der Geschichte nicht klar aufgeklärt. Ebenso verwirrend ist, dass drei Kapitel aus der Sicht einer Figur eingeleitet werden, bei der man sich bis zum Ende nicht sicher ist, um wen es sich handelt und ob diese Sequenzen überhaupt in der Realität stattfinden. Um es kurz zu machen: Der rote Faden der Geschichte wird zu oft von Passagen unterbrochen, die unklar sind und verwirren. Mich hat das teilweise beim Lesen wirklich frustriert und man kann hier nicht von einem strategisch geplanten Spannungsaufbau sprechen, der sich am Ende klar aufklärt. Das Ende der Geschichte hat mich leider deswegen auch sehr unbefriedigt zurückgelassen. Da während der kompletten Story vieles so undeutlich blieb, war das Ende umso überfordernder. Auch hier hatte ich das Gefühl, dass die Autorin ein großes Finale erzwingen wollte, was dadurch aber umso unglaubwürdiger wurde.

Das Porträt unterschied sich in nichts von den anderen. Etwas aber hielt Merles Blick gefangen – und das waren die Augen der jungen Frau. Sie lebten. Merle wandte sich noch einmal um und erschrak. Sie sah ihr nach! Die Frau auf dem Bild sah ihr nach! (S. 47)

Inhaltlich gibt es einige Schwachstellen in Agalstra, aber eine hat mich besonders gestört: Obwohl die Geschichte sich rund ums Theaterspielen dreht und Merle und ihre Freunde einen Theater-Workshop besuchen, wird ihnen rein gar nichts während ihrer Zeit auf der Burg diesbezüglich beigebracht. Wenn ihre Abenteuer, die sie auf der Burg erleben, das rechtfertigen würden, könnte ich das verschmerzen, aber auch denen konnte ich aufgrund der oben genannten Gründen nur wenig folgen. Hinzu kommt, dass die Beschreibung der großen Aufführung der Kinder am Ende so lückenhaft und sprunghaft ist, dass man auch hier als Leser, wenn man die Tagtraumsequenzen schon nicht verstanden hat, von der Geschichte des Stücks nur wenig versteht. Schade!

Hoch in der Burg, in einem Zimmer, das halb ins Tal herabsah und halb auf die bewaldeten Berge, schrak ein alter Mann aus dem Schlaf und setzte sich schwitzend auf. Er fuhr sich mit zitternder Hand über die Stirn. Wieder ein Traum! Wieder ein Alptraum! (S. 153)

Die Ideen von Anna Herzog sind grundsätzlich sehr gut! Sie hat sympathische Figuren, fiese Antagonisten, ein wunderbar gruseliges Setting und eine Story entworfen, die ohne den genannten Kritikpunkten wirklich toll wäre! Ich mochte ihren Schreibstil, die Vielfalt der Geschichte und die Idee, dass die Kinder ein Theaterstück entwerfen müssen, dass eine alte, wahre Begebenheit enthält. Leider war das Zusammenspiel der einzelnen Elemente noch nicht ausgearbeitet genug. Ein großes Lob möchte ich aber auf jeden Fall für die Gestaltung des Buchcovers aussprechen! Das Cover hat einen leichten Holo-Effeckt und ist farblich der unheimlichen Stimmung auf der Burg angemessen. Ich habe mich sofort von dem Cover angezogen gefühlt und finde es toll, dass das Cover eine Aussparung enthält, sodass es beim Aufklappen einem Theatervorhang ähnelt, hinter der die Geschichte beginnt.

Fazit & Bewertung

Ich bin der Meinung, dass diesem Buch eine inhaltliche Überarbeitung gut täte. Zu viele Dinge waren unbegreiflich und holprig, sodass ich die Geschichte, von deren Idee ich grundsätzlich immer noch begeistert bin, nicht genießen konnte. Das Ende hat mich mehr vetwirrt als aufgeklärt, sodass ich das Gefühl hatte, das Buch noch einmal lesen zu müssen, um alles zu verstehen. Schade!

https://pantaubooks.wordpress.com/