Rezension

Eine sehr berührende und authentische Autobiographie!

Mein Leben als Sonntagskind - Judith Visser

Mein Leben als Sonntagskind
von Judith Visser

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

Jasmijn, die schon mit 3 Jahren schreiben und lesen kann, nimmt ihre Umwelt anders als die meisten war. Laute Geräusche, grelle Farben, Unordnung und Unruhe versetzen ihren Körper in Alarmbereitschaft und sorgen für heftige Migräneanfälle. Auch soziale Interaktionen fallen dem Mädchen sehr schwer und sie spricht anfangs nur mit ihren Eltern, den Großeltern und ihrem Bruder. Fremden Menschen zu antworten gelingt ihr nicht, weil die Worte ihren Kopf nicht verlassen wollen, egal wie stark sie sich anstrengt.

Jasmijn entwickelt Strategien um sich abzugrenzen und sich zu schützen, was sie oft in eine soziale Isolation führt. Doch Tiere, vor allem ihr Hund Senta, und Elvis Presley, den sie als ihren persönlichen Engel bezeichnet, geben ihr Kraft, sich dem Leben zu stellen und ihre Träume zu leben.

Meine Meinung

Judith Vissers Schreibstil ist nüchtern und ohne große Ausschmückungen, dennoch fühlt man sich aber sofort in den Bann der Geschichte gezogen. Man lebt sozusagen in Jasmijns Kopf und erlebt ihre Ohmacht, ihre Gefühle und die Reaktionen ihrer Umgebung auf ihr Verhalten direkt mit. Auch wenn der Roman knappe 600 Seiten umfasst, kam bei mir nie ein Gefühl der Langeweile auf, weil ich unbedingt wissen wollte, wie Jasmijns Geschichte weitergeht.

Ich hatte sofort ein sehr tiefes Mitgefühl für das kleine Mädchen, das so schutzlos wirkt und so furchtbare Schwierigkeiten in sozialen Situationen oder in geräuscherfüllten Räumen hat. Man merkt aber auch schnell, wie intelligent Jasmijn ist und welch große Kreativität in ihr steckt.

Der autobiographische Roman ermöglcht einen tiefgründigen Einblick in die Denkweise eines jungen Mädchen mit Asperger-Syndrom, einer Form des Autismus. Doch anstelle Mitleid zu erwecken, zeigt der Roman viel mehr auf, was für ein besonderes Potential in Jasmijn steckt und wie es ihr trotz vieler Stolpersteine und Hürden gelingt, zufrieden in ihrer eigenen Welt zu leben.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass ich gerne mehr über Jasmijn als junge Erwachsene bzw. erwachsene Frau erfahren hätte, denn der Hauptteil endet mit der 18-jährigen Jasmin und es gibt nur ein kurzes Kapitel am Ende, dass von ihr als 24-Jährige handelt.

Fazit

Eine klare Leseempfehlung für diese berührende und aufschlussreiche Geschichte, die hoffentliche viele Leser erreichen und für Verständnis gegenüber Autisten sorgen wird. Wobei gesagt werden muss, dass nicht jeder Autist gleich ist und man nichts verallgemeinern kann. Daher hoffe ich, dass der Roman Toleranz gegenüber Andersartigkeit schafft - hin zu mehr Mitgefühl und Akzeptanz!