Rezension

Eine sehr persönliche Familiengeschichte der Nachkriegszeit

Vierzig Herbste - Nina Willner

Vierzig Herbste
von Nina Willner

Bewertet mit 4 Sternen

Als Geheimagentin wird Nina Willner 1984 in Ostberlin eingeschleust. Neben ihrem Auftrag beschäftigt sie ihre Familiengeschichte, die stark mit dem Kalten Krieg und der Besetzung des kleinen Ortes Schwaneberg durch die Sowjets zusammenhängt... .
Nina Willner gibt hier einen sehr persönlichen Einblick in ihr eigenes und in das Leben von Frauen aus ihrer engen Verwandtschaft. Sie erzählt davon, wie 1945 das Heimatdorf ihrer Großeltern zunächst von Amerikanern eingenommen wird, aber anschließend doch der Sowjetunion zufällt. Gerade in diesem Teil erfährt man viel über die Ängste der Menschen, die sich der Besatzungsmacht beugen mussten. Hier ist besonders beeindruckend, wie Frau Willners Großeltern sich mit der Situation arrangieren, aber sich trotzdem nicht völlig von der Ideologie einnehmen lassen.
Anhand der Familiengeschichte, die sich durch insgesamt fünft Frauenschicksale zieht, kann man sehr gut nachvollziehen, wie nach und nach die Siegermächte immer mehr zu Feinden werden. Der Kalte Krieg, die Entwicklungen in der DDR und die Auswirkungen der Mauer, die von Frau Willner als ,,Familienmauer" bezeichnet wird, werden hier sehr deutlich aus einer persönlichen Perspektive dargestellt.
Die Autorin schreibt sehr anschaulich und gewährt dem Leser einen spannenden Einblick in ihre Geschichte. Zwischendurch finden sich auch immer wieder schwarz-weiße Fotografien, durch die man auch mal erfährt, wie die beschriebenen Menschen aussehen.
Wer sich für die Nachkriegsgeschichte und die DDR interessiert und einen ganz persönlichen Eindruck einer ehemaligen Geheimagentin lesen möchte, der ist bei diesem Buch genau richtig. Gerne empfehle ich es hier weiter.