Rezension

Eine skurrile Freundschaft zwischen dem Gehirn des Genies und Pathologen

Einsteins Hirn -

Einsteins Hirn
von Franzobel

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Gedanken zu dem Roman:

Eine absurde Geschichte, die es wert ist, gelesen zu werden.

Thomas Stoltz Harvey ist ein bescheidener Mann, der kaum jemanden auffällt. Er ist Pathologe, wobei er eigentlich ein Arzt werden wollte, doch aufgrund einiger Schwierigkeiten hat es dazu nicht gereicht, so wurde er zumindest ein Pathologe, schließlich auch ein Mediziner. Thomas ist verheiratet und erzählt in diesem Roman auch seine Liebesgeschichte, die reichlich schön ist, denn seine Frau ist schon ein besonderes Exemplar von einem verstreuten, tolpatschigen, romantischen Menschen, den man wirklich gerne haben kann.

Wie der Zufall es will, sollte Thomas Harvey die Leiche des Weltgenies Albert Einsteins, nach seinem Ableben, obduzieren. Da ist schon die skurrile Geschichte um Thomas und Einsteins Hirn im vollen Gange. Die Menschen, die mit Thomas zusammenarbeiten, lassen es sich nicht nehmen, Souvenirs von der Leiche zu behalten. Was auch Thomas auf eine grandiose Idee bringt: Er entnimmt das Gehirn des Genies und behält es, so zu sagen, zu weiteren Untersuchungen.

Im Laufe der Geschichte wird es noch skurriler und sonderbarer, Einsteins Gehirn fängt an, sich mit dem Pathologen zu unterhalten. Dies ist das Hauptthema des Romans, die Dialoge und Gedankengänge des Gehirns sind absolut lesenswert.

Nebenbei erfahren wir sehr viel über das Leben von Thomas Harvey. Er erinnert sich an seine schwierige Kindheit, Jugend, Aufenthalt in einem Sanatorium wegen Tuberkulose, erste Liebe, Trennung und so weiter. Der Lebensweg eines unauffälligen Mannes steht im Vordergrund dieser Geschichte und lässt den Leser interessiert aufhorchen.

Wie man der beschriebener Handlung entnehmen kann, merkt man, dass diese Geschichte alles andere als ernst zu nehmen ist. Ein groteskes, abwegiges Gedankenexperiment des Autors auf der Grundlage wahrer Begebenheiten. Ein sprechendes Hirn, das hat doch was. Den Roman sollte man vielleicht nicht so ernst nehmen, sonst würden die Absurditäten und humorvoller Austausch zwischen dem Einsteins Gehirn und Thomas womöglich nicht so gut gefallen. Dieser Roman von Frantzobel besticht mit seiner Originalität, Spannung kommt nur stellenweise auf. Sprachlich fand ich die Geschichte ausgefallen und auch gut, mir haben die humorvollen Ideen, Wortspielereien, witzige Metaphern gut gefallen. Mein Problem war eher die Tatsache, dass bei diesem Umfang von mehr als 500 Seiten, hält kein Witz stand. Es ist zu viel, zu lang und nicht mehr originell, sondern eher albern.

Der Überblick über die Geschichte von Thomas Harvey, der fast sein ganzes Leben, er wurde schließlich über 80zig Jahre alt, das Gehirn bei sich trägt, fand ich in Bezug auf die allgemeine Geschichte des Landes interessant. Allerdings von der geballten Ladung an Witz und Wortspiel war ich eher überrascht. Empfehlenswert finde ich den Roman jedoch auf jeden Fall: eine ausgefallene Idee, Wortwitz, sprachlich flüssig und geistreich, interessanter Charakter.

Von mir gibt es 4 Sterne und eine Empfehlung.