Rezension

Eine spannende, außergewöhnliche Dystopie

The Maze Runner. Die Auserwählten - Im Labyrinth, englische Ausgabe - James Dashner

The Maze Runner. Die Auserwählten - Im Labyrinth, englische Ausgabe
von James Dashner

Bewertet mit 5 Sternen

Einige Worte zum Inhalt

Alles, woran er sich noch erinnern kann, als er in einem dunklen Lift erwacht, ist sein Name: Thomas. Als sich schließlich die Türen des Lifts öffnen, findet sich Thomas auf einer Lichtung wieder – eingesperrt zwischen vier gigantischen Mauern und umringt von fremden Jugendlichen. Doch noch beängstigender ist das, was außerhalb der Mauern wartet: ein Labyrinth, konstruiert von Unbekannten, in dem ungeheure Schrecken warten. Und es ist der einzige Weg, um von der Lichtung zu entkommen.

Meine Meinung

Ich war sehr, sehr gespannt auf dieses Buch. Begonnen hat es damit, dass ich mir den Film The Maze Runner angesehen habe, den ich so gut fand, dass ich ihn mittlerweile bereits mehrmals geschaut habe. Wenn der Film gut ist, kann man davon ausgehen, dass auch das Buch viel Vergnügen bietet – und ich lag nicht falsch. Ich muss jedoch direkt zu Beginn sagen, dass ich das Buch noch einmal hundertfach besser finde als den Film, denn die Storyline wurde in der Verfilmung geändert und wichtige Details ausgelassen. Daher bin ich tatsächlich einmal froh, zuerst den Film gesehen zu haben, wäre es nämlich anders herum gewesen, hätte ich ihn wohl wesentlich weniger genossen.

Die Idee, die James Dashner seinen Lesern präsentiert, ist genial, angsteinflößend und dystopisch. Allein schon die Vorstellung erzeugt Gänsehaut: Keine Erinnerungen und eine Situation, in der die meisten Menschen wohl schlicht und ergreifend wahnsinnig werden würden – eingesperrt zwischen Mauern, hinter denen nichts als das Grauen wartet. Nicht so aber die Glader, wie sie sich selbst nennen. Statt aufzugeben, haben sie sich ein Leben auf der Lichtung aufgebaut, das Labyrinth (erfolglos) erforscht, Berufsgruppen erfunden und sogar ihr eigenes Vokabular entwickelt.

“You’re the shuckiest shuck-faced shuck there ever was. You’re as good as dead, just like us.” – S. 113

Auf diesen Punkt möchte ich auch direkt einmal eingehen (Achtung, Linguistik-Exkurs!): Es ist einfach ein Geniestreich, die Glader eine individuelle Art der Kommunikation entwickeln zu lassen. Da schlägt mein Linguistenherz direkt höher! Der Autor spielt mit einem eigenen Soziolekt, einer Sondersprache, die die Identität der Glader definiert und eine ganz besondere Stimmung aufkommen lässt. Dies zeigt die einzigartige Gruppendynamik und es ist grandios, dass James Dashner dieses wunderbare Detail in sein Werk mit eingebaut hat! Mich würde natürlich brennend interessieren, wie genau sich der Soziolekt entwickelt hat. Klar ist, dass er durch Sprachkontakt entstand, zudem spielt mit hinein, dass es sich um eine Gruppe von Jugendlichen handelt, die noch sehr offen gegenüber Neologismen sind (die Akzeptanz für Neologismen nimmt mit dem Alter ab). Man könnte den Soziolekt also auch als eine Art einzigartige Jugendsprache bezeichnen, die sich unabhängig von anderen Jugendlichen dieses Alters entwickelt hat. Ich könnte noch sehr lange darüber fachsimpeln, möchte jedoch nemanden damit nerven. 

Das Setting hat mich also direkt begeistert. Doch auch die Charaktere haben es mir angetan, auch wenn die wenigsten von ihnen Sympathieträger sind. Sie zeigen interessante Charakterzüge, die zu der Situation passen und sich ebenfalls auf die Gesamtstimmung der Geschichte auswirken. Manchmal hätte ich mir zwar vielleicht einen netteren Umgang gewünscht, doch ich kann nachvollziehen, warum das Klima auf der Lichtung ist, wie es ist – eigentlich sollte man als Leser froh sein, dass die Charaktere sich nicht am laufenden Band gegenseitig zerfleischen.

Thomas, der Protagonist, ist ein sehr reflektierter Zeitgenosse, der nicht einfach alles hinnimmt und unermüdlich an Lösungen arbeitet. Er ist impulsiv, hilfsbereit und ein guter Mensch, den ich bereits nach wenigen Seiten ins Herz geschlossen habe. Besonders gern mag ich außerdem Minho, einen der Läufer, die das Labyrinth erkunden, und Newt, der als stellvertretender Gruppenleiter fungiert. Obwohl es recht viele Jungs auf der Lichtung gibt, lernt man die wenigsten von ihnen kennen. Es bildet sich eine enge Gruppe um Thomas, auf der der Hauptfokus liegt, was ich gut finde. Zwar wirken die meisten anderen Glader dadurch wie Statisten, doch das hat mich persönlich gar nicht gestört. Mir wäre es eher zu anstrengend gewesen, mir fünfzig Jungennamen und die dazugehörigen Charaktere zu merken.

“An idea had just occurred to him. A horrible, terrible, awful idea. The worst idea in the history of horrible, terrible, awful ideas.” – S. 291

Zur Handlung lässt sich sagen, dass sie geheimnisvoll, temporeich und spannend ist. Ich habe mich in keinem Moment gelangweilt, mit den Charakteren mitgefiebert und -gerätselt und nicht selten dieselbe Verwirrung gespürt wie die Glader. Mein Gedanke war schließlich: Wem oder was kann man überhaupt noch glauben? Das macht einen Teil des Reizes aus: Man weiß nicht, was vor sich geht, und es wird immer schwieriger einzuschätzen, was real ist und was nicht.

Das Ende war nur teilweise befriedigend, da natürlich viele Fragen offenbleiben. Ich bin schon jetzt neugierig auf die Aufklärung des Ganzen und hoffe, dass es letztendlich alles schlüssig aufgelöst wird. Wehe wenn nicht, Herr Dashner!

Die Dialoge sind aufgrund von Dashners Schreibstil einzigartig, witzig und originell. Insgesamt hat sein Schreibstil mir unglaublich gut gefallen, denn er zeigt mal wieder eine andere Art, mit Sprache zu spielen, auf. Von Anfang an konnte ich meine Augen kaum von den Buchseiten lösen, da der Stil einen förmlich in die Geschichte hineinsaugt. Da ich das Buch auf Englisch gelesen habe, war es anfangs nicht leicht, die neuen Vokabeln einzuordnen. Glücklicherweise werden sie nach und nach erklärt, sodass das Buch sich auf Englisch völlig problemlos lesen ließ. Es ist vielleicht nicht unbedingt für Anfänger geeignet, wer jedoch öfter mal ein englisches Buch liest, sollte keine Probleme damit haben. Und ansonsten gibt es die Trilogie ja zum Glück auch auf Deutsch! (Mich würde mal interessieren, wie der Soziolekt in der Übersetzung umgesetzt wurde – hat jemand das Buch auf Deutsch?)

Fazit

Ich bin hin und weg vom ersten Maze Runner-Band! Schon bevor ich das Buch überhaupt beendet hatte, musste ich mir unbedingt die Fortsetzung kaufen, da ich es sonst nicht ausgehalten hätte. Wenn ihr mysteriöse Dystopien mögt, bei denen ihr selbst miträsteln könnt, ist The Maze Runner eine fantastische Wahl!