Rezension

Eine spannende Handlung, beklemmendes Setting, finstere Charaktere und eine außergewöhnliche Protagonistin

Der Fall des geheimnisvollen Fächers - Nancy Springer

Der Fall des geheimnisvollen Fächers
von Nancy Springer

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem neuen, spannenden Fall benötigt Enolas Freundin Lady Cecily dringend Hilfe. Um die Freundin zu retten, muss sich Enola sogar mit ihrem Bruder verbünden und ihre Freiheit riskieren.

Enola versteckt sich weiterhin sehr erfolgreich vor den Augen ihrer Brüder in London. Die Suche nach ihrer Mutter hat sie vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben, obwohl sie gern wüsste, was die Mutter im letzten Versteck für sie hinterlegt hatte. Sie bewohnt ein kleines Zimmer in einer heruntergekommenen Herberge. Unter dem Namen „Dr. Ragostin, wissenschaftlicher Perditor“ hat Enola ein Büro eröffnet und arbeitet dort verkleidet als Assistentin Ivy Meshle. Durch Zufall begegnet sie während einer Recherche ihrer Freundin Lady Cecily. Diese übermittelt eine verzweifelte Botschaft auf einem rosa Fächer, in welcher sie dringend um Hilfe bittet. Bei der gefährlichen Jagd nach Informationen liefert sie sich ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel mit ihrem Bruder, dem berühmten Detektiv Sherlock Holmes. Um die Lady zu retten und nicht selbst gefangen zu werden, muss sie mehr als einmal Cleverness, Geschick und Entschlusskraft beweisen. Dabei gerät sie nicht nur in tödliche Gefahr sondern muss sich sogar mit ihrem Bruder verbünden und ihre Freiheit aufs Spiel setzen.

Enola Holmes ist die jüngere Schwester von Mycroft und Sherlock Holmes. Sie möchte ihren Brüdern unbedingt beweisen, dass sie auf eigenen Füßen stehen kann und entzieht sich ihrer Kontrolle. Ihre Leidenschaft ist das Suchen und Finden vermisster Personen bzw. Gegenstände. Sehr gern würde Enola als Perditorin Anerkennung in der Gesellschaft finden. Ein Perditor ist, laut Definition der Autorin, ein professioneller Sucher vermisster Personen.

Um ihren Brüdern zu entgehen muss Enola immer wieder auf ungewöhnliche Verkleidungen zurückgreifen. Sie ist emanzipiert, selbstbewusst, risikofreudig, clever und unangepasst. Von ihrer Mutter zu einer selbständigen jungen Frau erzogen, ist es für Enola absolut nicht akzeptabel, sich den Entscheidungen ihrer Brüder zu unterwerfen. Der spannende Jugendkrimi beginnt im Mai 1889. Frauen dieser Zeit hatten keinerlei Rechte und mussten sich einem männlichen Vormund unterwerfen. Durch einige geschickte Winkelzüge der Mutter, gelang Enola die Flucht in die Selbständigkeit.

Die von Enola in der Ich-Form im Präteritum erzählten spannenden Ereignisse sind eingerahmt von Prolog und Epilog eines auktorialen Erzählers. Der Prolog entführt seine Leser in eine in einen Herrenclub, in welchem die Brüder Sherlock und Mycroft Holmes angeregt über den Verbleib ihrer Schwester diskutieren. Im Epilog wird die Krimigeschichte durch eine weitere Szene mit Sherlock perfekt abgerundet.

Dieses Buch ist der vierte Band einer abenteuerlichen Krimireihe um Enola Holmes. Die Story ist in sich abgeschlossen. Eine spannende Handlung, beklemmendes Setting, finstere Charaktere und eine außergewöhnliche Protagonistin entführen die Leser in das viktorianische London. Schreibstil und Wortwahl schaffen den Spagat zwischen historisch angepasst und jugendlich frisch perfekt. Die Anteile von Handlung, Setting und Dialog sind im Text ausgewogen und zu keiner Zeit langweilig. Buch- bzw. Textumfang sind verhältnismäßig gering und daher perfekt für kleine Lesemuffel. Das Buch ist für Leser*innen ab 12 Jahre sehr zu empfehlen. Eine wundervolle, spannende und kurzweilige Lektüre für eine vergnügliche Lesezeit. Nun warten wir gespannt auf den nächsten Teil.