Rezension

Eine Steigerung zum ersten Band

König der Dunkelheit - Mark Lawrence

König der Dunkelheit
von Mark Lawrence

Bewertet mit 4.5 Sternen

Band eins Prinz der Dunkelheit hat mir sehr gut gefallen, war es doch durch den trotz seiner Jugend überaus düsteren Hauptcharakter außergewöhnlich. Doch nicht nur, dass Jorg so brutal und eigentlich bereits wahnsinnig war, die Konstruktion des Buches hat mir unheimlich gut gefallen, sprang sie doch zwischen zwei Erzählzeiten hin und her, so dass ein gutes Bild des Protagonisten und seines Werdeganges geschaffen wurde. Der einzige Nachteil des ersten Bandes war, dass es aufgrund der Kürze zeitweise etwas gehetzt wirkte.
Auch König der Dunkelheit besticht durch die Konstruktion des Textes: Der Leser steigt in das Buch ein, in der Zeit, in der Jorg dem Leser seine Geschichte erzählt und er mittlerweile 18 Jahre alt ist. In dieser Zeit kämpft er gerade eine aussichtslose Schlacht gegen den Fürsten von Pfeil, welcher sich anschickt alle Länder durch geschickte Verhandlungen unter seiner Herrschaft zu einen und sich zum Kaiser aufzuschwingen. Könige, die sich wie Jorg widersetzen, werden angegriffen. Währendessen erinnert sich Jorg an Katherine Ap Scorron und es werden mitunter auch ihre Tagebucheinträge, die er auf dem Schlachtfeld fand, in den Text integriert. Dann gibt es wieder die Passagen, in denen Jorg den Lesern seine Geschichte “von vor vier Jahren erzählt” und zwar an der Stelle, an der die “Jetztzeit” von Prinz der Dunkelheit aufhörte. Als frisch gebackener König über Renar, hält es Jorg nicht lange auf seiner Burg. Er macht sich mit seinen Brüdern auf einen Feuermagier aufzusuchen, der dem jungen Gog vermeindlich helfen kann, das Feuer in ihm entweder loszuwerden oder zu kontrollieren. Noch in seinem eigenen Land begegnet er dem Fürsten von Pfeil, der versucht auch ihn zu einem Zusammenschluss zu bewegen. Nachdem er auf der folgenden Mission merkte, dass sich Verbündete gegen Pfeil gut machen würden, beschließt er, sich auf die weite Reise zu den Verwandten seiner verstorbenen Mutter zu machen. Zu guter letzt wird der Text durch kurze eingeschobene Beschreibungen der Brüder ergänzt. Diese Konstruktion gefällt mir sehr gut und wirkt durch die Ich-Perspektive hervorragend. Die Ich-Perspektive ist eigentlich DAS Stilmittel, dass diese Trilogie zu dem macht, was sie ist: dunkel. Man erkennt dennoch deutlich die Entwicklung, die der junge Jorg durch die Einnahme der Krone seines Onkels vollzogen hat und noch deutlicher den Entwicklungsschritt zum Mann und Regenten, der er dann mit 18 Jahren ist. Damit man beim Lesen nicht durcheinander kommt, ist für jedes Kapitel durch eine Überschrift gekennzeichnet, in welcher Zeit der Abschnitt nun spielt. Gut gefallen hat mir in diesem Zuge auch, dass seine Erinnerungen wirklich durchlebt werden. Jorg hat viel schlimmes erlebt und noch schlimmeres getan und all die Erinnerungen daran versteckt er in einem Kupferkästchen. Auf diese Weise belasten sie ihn nicht. Dennoch schaut er bei Zeiten – manchmal auch ungewollt – hinein und so wird das Bild von Jorg für den Leser deutlicher. Dass er nebenbei so auch taktische Ideen vor seinen Feinden verstecken kann ist ein weiterer Pluspunkt für dieses Kästchen, welches später einen weiteren Entwicklungsschritt auslösen wird.
Der entscheidende Kritikpunkt des ersten Bandes war die Kürze. Normalerweise sind gerade die Auftaktbäde überladen von Informationen, Charakteraufbau und dergleichen. Dies fehlte bisweilen, umfasst das Buch nur knapp 400 Seiten. König der Dunkelheit hat im Unfang ordentlich zugelegt und siehe da, mit 600 Seiten wirkt das Buch bei weitem nicht mehr gehetzt! Stattdessen ist das Tempo dem Inhalt angemessen und schafft Atmosphäre aufzubauen!
War ich beim Lesen von Prinz der Dunkelheit etwas geschockt, wie brutal und skruppellos dieser 14-jährige Jorg denkt und handelt, habe ich dies hier zeitweise fast vermisst. Nicht dass hier in diesem Buch keine Schlachten und Kämpfe stattfanden, diese gab es durchaus und sie waren auch alles andere als unblutig, doch hat sich die Denkwesie Jorgs ein Stück weit geändert, was auf eine Entwicklung der Figur hindeutet. Das Ende allerdings deutet an, dass das Kästchen eine große Bedeutung für diese Entwicklung hatte und im nächsten Band wieder alles anders sein kann!
Interessant ist auch die Welt, in der die Trilogie spielt. Der Autor gibt im Text viele Hinweise, dass sich Jorgs Welt nicht großartig von unserer unterscheidet: Es tauchen Dänen auf, die Religion kennt Jesus und Maria und auch dort haben Römer einst wichtige Straßen gebaut. Ich fand es regelrecht spannend mir über die Zusammenhänge Gedanken zu machen. Aufgrund der Hinweise kann man ableiten, dass die Erbauer aus Jorgs Welt im Grunde unsere Gesellschaft darstellen, die sich mithilfe von Atombomen “Erbauer Sonnen” ins Jenseits gepustet haben. In Folge dessen ist der Meeresspiegel angestiegen und hat unsere Welt umgestaltet, so ist auch zu verstehen, wieso die (endlich) im Buch abgedruckte Karte unseren Karten ähnelt, aber dennoch grundverschieden aussehen. Als ein nettes Gimmik sind Namen bestehender Städte und Landschaften leicht abgewandelt worden, aber so, dass man die Zusammenhänge noch erkennen kann, z.B. Remagen am Reim oder Barlona in Catalonia

Fazit: Die Trilogie hat in ihrem zweiten Teil eindeutig an Grausamkeit verloren, ohne dass die Grausamkeit in diesem Buch fehlt, nur ist Jorg erwachsener geworden, muss aber immer noch blutige Schlachten schlagen. Durch die aufgestockte Seitenzahl bekam das Buch nicht nur mehr Tiefe sondern nahm auch das Tempo heraus, zwei Dinge, welche mir im ersten Band fehlten. Die Konstruktion der Erzählung kombiniert mit der Ich-Perspektive wurde auch hier wieder gekonnt umgesetzt und macht das Buch mit dem Schreibstil des Autors zu einem Lesevergnügen. Aufgrund der Steigerung dieses Buches gegenüber dem ersten bin ich gespannt, wie Jorg sich im letzten Band schlagen wird und sich die Trilogie noch weiter steigern kann.