Rezension

Eine stilistische Herausforderung

Creep -

Creep
von Philipp Winkler

Bewertet mit 3 Sternen

Auch in diesem Buch stellt Phillip Winkler wieder sehr spezielle Außenseiter in den Fokus. In Japan gibt es sogar eine Bezeichnung dafür. Hikikomori sind Menschen, die sich aus der Gesellschaft komplett zurückgezogen haben, ihr Zimmer nicht verlassen und in einer digitalen Parallelwelt leben.

In so einem Leben hat sich Junya eingerichtet. Er lebt mitten in Tokyo, bleibt aber konsequent in seinem Zimmer, verbringt seine Zeit im Darknet und stellt ab und an ein Wäschepaket vor die Tür. Seine Mutter kümmert sich um alles.

Und in Deutschland hat sich Fanni mit einem sehr speziellen Alltag arrangiert. Sie meidet nach Möglichkeit den Kontakt zu anderen Menschen, hat sich aber Ersatzfamilien gesucht. Ihr Job bei einer Überwachungsfirma ermöglicht es ihr, in fremde Häuser und hineinzuschauen. Sie hat ihre Lieblingsfamilien und nimmt an deren Leben teil. Das ist viel einfacher als selbst zu leben.

Das ist das Thema, das ein grandioses Buch verspricht, nur ist es stilistisch eine echte Herausforderung. Zunächst einmal wird hier konsequent gegendert und man kommt nicht umhin zu denken, ja, gut, das ist dann wohl die Zukunft. Wenn wir so weitermachen, müsste gegenderte Sprache selbstverständlich auch in der Literatur vorkommen und das macht Bücher anstrengend bis unlesbar. Philipp Winkler schmiert uns das aufs Brot, lacht sich ins Fäustchen und denkt: Das habt ihr nun davon. Vollkommen richtig, natürlich, nur eben kein echtes Lesevergnügen.

Zusätzlich badet man in Anglizismen, Businesssprache, Gamerjargon, IT-Begriffe ohne Ende, bis man nur noch Bahnhof versteht. Auch das ist ein spannendes Stilmittel, das uns vor Augen hält, wohin es führt, wenn wir alle so weitermachen, nur ist man es ziemlich schnell leid, dauernd den Text übersetzen zu müssen. Irgendwann denkt man: Die Botschaft hör ich wohl, aber was nützt mir die, wenn ich vor lauter Botschaft den Text nicht mehr verstehe.

Ich habe dieses Buch gerne gelesen, es hat mir die Augen geöffnet für ein Thema, das offiziell kein Thema ist. Allerdings kann ich einem Buch, das zu großen Teilen unverständlich ist, nicht die volle Punktzahl geben. Es wird leider mit drei Sternen auskommen müssen.