Rezension

Eine tolle Märchenadaption

Zarin Saltan - Katherina Ushachov

Zarin Saltan
von Katherina Ushachov

Bewertet mit 5 Sternen

Märchenadaptionen finde ich als literarisches Genre etwas schwierig, denn Märchen sind meist mit Kindheitserinnerungen behaftet und allzu oft passen die eigenen Vorstellungen nicht zur neuen Geschichte. Dieses Problem hatte ich diesmal nicht, denn wie wohl die meisten deutschen Leser kannte ich das Originalmärchen nicht. Das ist auch nicht wirklich nötig, man kann "Zarin Saltan" sehr gut ohne Vorkenntnisse genießen. Die Geschichte von Anna und Viktor liest sich flüssig und ist trotz der Romanze erfrischend unkitschig. Die Märchenelemente sind klar erkennbar und weitgehend international verständlich. Und ich finde die Idee großartig, die Adaption aus der Sicht der Zarin zu erzählen, die in der Vorlage nicht zu Wort kommt. Einzige Schwachstelle: auch wenn Märchen naturgemäß eher kurz sind, hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle noch mehr "Substanz" gewünscht, denn manche Dinge entwickeln sich doch arg schnell. Gerade Tanja und Sabrina bleiben als Figuren etwas blass, es ist nicht wirklich ersichtlich, warum sie Annas engste Freundinnen sind, denn ihr Verhalten ist weder liebe- noch respektvoll. Diese Russland-fixierte Blase, in der sich eigentlich alle Figuren bewegen, ist für Leser ohne Migrationshintergrund manchmal etwas schwer nachvollziehbar. Andererseits macht gerade diese Fremdheit die Lektüre von Zarin Saltan nicht nur zu einem vergnüglichen Zeitvertreib, sondern auch zu einem Augenöffner für die unterschiedlichen Formen und Probleme solcher Parallelgesellschaften.