Rezension

Eine traumatisierte Kommissarin kämpft sich ins Leben zurück

Das versunkene Dorf -

Das versunkene Dorf
von Olivier Norek

Bewertet mit 5 Sternen

Commissaire Noémie Chastain, Leiterin einer Pariser Drogeneinheit, wird bei einem Einsatz lebensgefährlich verletzt, als sie aus dem Koma erwacht, muss sie feststellen, dass eine Gesichtshälfte völlig zerstört ist. Doch damit nicht genug, ihre Vorgesetzten zweifeln ihre Diensttauglichkeit an, ihr Lebenspartner, der mit dem entstellten Gesicht nicht klar kommt und sie fallen lässt, fällt ihr auch noch beruflich in den Rücken. So wird Noémie, die sich fortan nur noch No nennt, in die Provinz versetzt. Ihr Auftrag: sie soll eine Polizeidienststelle kaputtschreiben, sodass sie aufgelöst werden kann. Doch die Kollegen begrüßen sie freundlich, die abgeschiedene Landschaft erweist sich als genau das, was No jetzt braucht. Doch die vermeintliche Idylle wird jäh durch das wörtlich zu nehmene Auftauchen einer Kinderleiche aus dem Stausee unterbrochen. Schnell werden Verbindungen zu einem Vermissenfall aus den 90ern gezogen, drei Kinder verschwanden kurz vor der Flutung des Tals, angeblich von einem Saisonarbeiter entführt. Tatsächlich handelt es sich bei der in eine Tonne gefundenen Kinderleiche um eines der drei Kinder von damals. Schnell kommen alte Geschichten aus der Vorgeschichte des Ortes an Licht, es gibt zahlreiche Verflechtungen zwischen den alten Dorfbewohnern, wobei sich die Grenzen zwischen Täter und Opfer vermischen. No veranlasst einen Tauchgang, bei dem eine zweite Kinderleiche gefunden wird, deren Bergung nur durch das Ablassen des Stausees möglich ist. Doch offensichtlich haben einige Einwände gegen Nos Ermittlungen, zwei Anschläge werden auf sie verübt, bis sie in der Lage ist, die brutale Wahrheit von damals, die auch für sie selbst eine Überraschung mit sich bringt, aufzuklären.

Neben der Darstellung des Falls beschreibt Olivier Norek aber auch Noémies Sich-Zurück-Kämpfen ins Leben. Nicht nur rührt der Fall ihre verloren geglaubten Ermittlerinstinkte an, ein verkrüppelter Hund und ein hartnäckiger Taucher tragen ebenfalls dazu bei, dass die Commissaire sich so akzeptieren kann, wie sie nach dem Dienstvorfall geworden ist. Dabei ist es am Ende konsequent, dass sie nicht nach Paris zurückkehrt, sondern die Polizeidienststelle in Okzitanien, zu deren Auflösung sie eigentlich beitragen sollte, übernimmt. Vielleicht liest man ja noch mal von ihr.