Rezension

Eine Tür nach Cornwall

Die kleinen Geheimnisse des Herzens - Celia Anderson

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
von Celia Anderson

Bewertet mit 4 Sternen

„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ bringt alles mit, was man sich von einer unterhaltsamen, leichten Sommerliebesromanze erwartet. Vom süßen Einband in pastelligen Tönen, über Klappentext und bekanntem Testimonial-Zitat bis hin zum Figuren-Setting. Doch auf Seite 18 halte ich plötzlich inne, was deutet die liebenswerte May Rosevere da plötzlich an? Ihr biblisches Alter von 110 Jahren verdankt sie nicht allein einer gesunden Lebensweise und guten Genen, sondern auch einem besonderen Talent hinsichtlich alten Erinnerungsstücken. Wie aufregend und unerwartet, ein fantastisches Erzählelement in einer Geschichte fürs Herz.

May ist bisher immer gut allein zurechtgekommen, doch in letzter Zeit macht sich ihr Alter bemerkbar. Sie pflegt ein freundschaftliches Verhältnis zum jungen Witwer Andy und seiner Tochter Tamsin von nebenan, doch mit Julia von gegenüber reicht es nur zu einem höflichen Nicken. Das Verhältnis zwischen den beiden Frauen ist aufgrund einer gewissen Vorgeschichte seit Jahrzehnten kühl bis kalt und so ist Julia nicht besonders entzückt, als ihr im neuen „Leihoma-Projekt“ ausgerechnet May zugeteilt wird. Sie trauert noch um sehr um ihren im Winter verstorbenen Ehemann und hat gerade eine große Kiste alter Familienbriefe gefunden, denen sie sich viel lieber widmen möchte, als mit May und ihrer direkten Art Tee zu trinken und Scones zu essen. May hingegen ist seltsam interessiert an Julias Briefen und beginnt regelrecht aufzublühen. Andy bemerkt im Gegenzug an Julia beunruhigende Veränderungen, die ihn dazu veranlassen ihre Enkelin Emily auf den Plan zu rufen. Und so beginnt das charmante Spiel des allseits beliebten „Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?“

Mich hat Celia Andersons Roman genau zum richtigen Zeitpunkt erwischt. Erst inmitten der Lektüre wurde mir bewusst, wie sehr ich eine aufmunternde Geschichte für mein Herz gebraucht habe. Das Buch ist warmherzig, überraschend, spannend, rührselig, liebenswert und unterhaltsam geschrieben. Die Figuren sind in großen Teilen sympathisch und glaubwürdig – zumindest im Rahmen einer Lovestory. Natürlich ist die Geschichte hin und wieder eine Spur zu süß und klebrig, manche Probleme lösen sich zu einfach im richtigen Moment. Mit meiner Wirklichkeit hat das wenig zu tun. Aber genau darum geht es mir ja beim Lesen. Mit dem eigenen Leben verbringe ich den größten Teil meiner Zeit, durch ein Buch öffnet sich eine Tür in eine andere Welt, in ein anderes Leben, eine andere Wirklichkeit. Dank Celia Anderson konnte ich in einer Zeit ohne physisches Reisen für einige Tage ins raue Seeklima von Cornwall abtauchen und herrlich ausspannen.