Rezension

Eine Weihnachtsgeschichte

Ein Engel im Winter - Guillaume Musso

Ein Engel im Winter
von Guillaume Musso

Wie ein moderner Ebenezer Scrooge kommt er daher, Protagonist Nathan del Amico. Er ist als Sohn einer Haushaltshilfe aufgewachsen, hatte nie viel Geld und verliebte sich in Mallory, die Tochter des Mannes, für den seine Mutter arbeitete. Er begann, sich für seine Wurzeln zu schämen, arbeitete hart, studierte Jura und wurde einer der besten Anwälte der Welt. Er heiratete Mallory, obwohl deren Familie nicht hinter dem Paar stand. Er lebt in einem Penthouse in New York, hat die erste Millionen auf dem Konto. Und trotzdem ist er unglücklich, denn trotz allem hat seine Beziehung zu Mallory nicht gehalten. Sie sind geschieden, ihre Tochter Bonnie wächst in zwei Häusern und zwei Städten auf. Seine Arbeit ist seine einzige Freude.

In seinem Ehrgeiz, Jeffrey, den Vater seiner (Ex-)Frau zu besiegen und dabei, immer mehr Geld zu verdienen, hat er seine Familie vernachlässigt. Er selbst gibt sich die Schuld am Tod seines Sohnes Sean, der mit nur drei Monaten gestorben ist. In der Nacht, in der Nathan allein mit ihm war. Er liebt Mallory noch immer, aber die trifft sich mittlerweile mit einem anderen und er traut sich nicht, auf sie zuzugehen - bis er Besuch von Garrett Goodrich bekommt, einen Boten, der sehen kann, wann jemand sterben wird. Und der ihm sagt, dass er nicht mehr lange warten darf, wenn er die Differenzen mit Mallory aus der Welt räumen will. 

Garrett Goodrich ist nicht wie die Geister der Weihnacht in Dickens A Christmas Carol, aber im Grunde übernimmt er die gleiche Funktion. Die Geschichte spielt in New York, kurz vor Weihnachten, und seine Aufgabe ist es, Menschen, die bald sterben werden, auf das nahe Ende vorzubereiten. Sie in die richtige Richtung zu lenken, damit sie Unerfülltes erledigen. Er bringt sie dazu, ihr Leben zu überdenken und es zu ändern, so lange es noch geht. In seinen Andeutungen bleibt er vage, er verrät nur so viel, dass Nathan ins Grübeln gerät und tatsächlich beginnt, Vergangens und Verdrängtes wieder an die Oberfläche zu holen, um mit seinem Groll abschließen zu können. 

Ein Engel im Winter ist ein ruhiger, besinnlicher Roman. Immer wieder springt er von der Gegenwart in Nathans oder Mallorys Vergangenheit. Nach und nach erfährt man, wie sie zueinander gefunden haben, wie das Schicksal sie immer wieder zusammengebracht hat. Wie sie sich gegenseitig das Leben gerettet haben. Wie glücklich sie waren und was alles schief gegangen ist. Immer wieder dreht sich der Roman um das Thema Tod und Sterben und die Frage nach dem Danach. Es ist ein nachdenklicher Weihnachtsroman ohne jeden Kitsch, schön und teilweise düster, voller Hoffnungen und Ängste. Gerade diese Leinenausgabe mit der schönen Coverillustration Gudrun Sjödén und dem passenden Lesezeichen dazu, macht es zu einem Roman, den man sich selbst und anderen schenken möchte.   
(c) Books and Biscuit