Rezension

Eine wirklich süße, außergewöhnliche Liebesgeschichte, die mich gut unterhalten hat !

Kissing Lessons - Helen Hoang

Kissing Lessons
von Helen Hoang

Bewertet mit 4 Sternen

Stella, 30 Jahre alt, erfolgreiche Ökonometrin, Asperger-Autistin, hat die Nase voll davon, dass ihr ihre Mutter ständig mit dem Wunsch nach Enkelkindern in den Ohren liegt. Um schwanger zu werden müsste Stella nämlich erstmal Sex haben und dazu bräuchte sie wiederum erst einmal den richtigen Mann.
Außerdem hat sie es auch gar nicht so mit dem Sex, weil ihre Erfahrungen damit sie bisher eher verstört und unglücklich gemacht haben. Um aber in Sachen Beziehung doch mal voran zu kommen, mietet sie sich beim Escortdienst einen Mann: Michael.

Der trifft sich aber eigentlich mit keiner Kundin zweimal, weil das bisher immer Probleme mit sich brachte. Als er Stella jedoch kennen lernt, da wird ihm schnell klar, dass sie wirklich ein bisschen Hilfe brauchen könnte und so lässt er sich, zögerlich, auf einen Deal ein und wird ihr "Übungsfreund". Ob das gut gehen kann ?

Die Handlung ansich ist jetzt nicht unbedingt ganz neu, aber die Umsetzung überzeugt einfach total !

Nach den ersten Seiten hatte ich ganz kurz Zweifel, ob die Story wohl in die Erotikschiene abdriftet, was ich ja wirklich sehr selten lesen, einfach weil mich das permanente Rumgemache nervt. Aber zum Glück war dem nicht so und neben all den doch intimen und knisternden Szenen war es vor allem eine rundum süße Liebesgeschichte.

Kein Wunder, dass die Autorin mit diesem Debüt bereits so einen Erfolg hatte, denn die Geschichte lebt vor allem durch ihre Figuren und die sind der Autorin in ihrer Charakterzeichnung unglaublich gut gelungen.

Ich war besonders fasziniert von Stella. Warum? Weil es der Autorin gelungen ist, absolut authentisch zu vermitteln, wie das Leben als Asperger Autistin sein muss. Obwohl ich damit so noch nie in Berührung kam, konnte ich mich unglaublich gut in Stella hineinversetzen. Ich habe ihre Ängste verstanden und ihre Denkweise und Vorgehensweise hat mich wirklich fasziniert. Sie kann oft nicht deuten, wie Aussagen, besonders von Michael gemeint sind, einfach weil ihr dafür das Gespür fehlt, was ja glaube ich, ein typischer Zug von Autisten ist. Sie können Gefühle schwer deuten und wirken dadurch oft sehr distanziert.

Helen Hoang hat das wirklich ganz wunderbar verpackt, so dass sich mein Bewusstsein für Autismus noch erweitert hat. Aber nicht nur Stella ist ihr gut gelungen, auch Michael ist ein wahnsinnig toller Charakter. Er hat sich aus Gründen reiner Nächstenliebe für einen wirklich bescheidenen Job entschieden, der ihm zwar Geld bringt, der ihn aber nicht glücklich macht.
Obwohl er Stellas Angebot eigentlich ausschlagen will, ist er ihr viel zu schnell erlegen und lässt sich schließlich doch darauf ein. Nicht aus Mitleid, sondern einfach, weil er ihr helfen möchte. Michael ist echt einer von den guten Jungs, den sich wohl jede Frau in ihrem Leben wünscht.

Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen, gespickt mit reichlich Emotion und auch mit viel Witz, der vor allem Stella geschuldet ist, die ungefiltert raushaut, was sie gerade denkt. Es gab durchaus prickelnde Szenen, aber auch Momente in denen man beide mal hätte anschreien wollen, weil sie sich, wie so viele andere Romanpaare selbst im Weg stehen.

Einziger Kritikpunkt den ich habe, ist, dass sich am Ende alles mal wieder ganz wunderbar harmonisch und scheinbar leicht ineinander fügt, so wie es im wahren Leben einfach niemals passieren würde. Davon abgesehen, ist es eine unglaublich tolle Geschichte, die ich innerhalb eines Tages verschlungen habe, was wohl schon für sich spricht. Deshalb gibts von mir auch eine klare Leseempfehlung !