Rezension

Eine wunderschöne Vorstellung, wie alles begonnen haben könnte

Der Fürst des Parnass - Carlos Ruiz Zafón

Der Fürst des Parnass
von Carlos Ruiz Zafón

Zum Inhalt: In seinem 80 Seiten langen Werk „Der Fürst des Parnass“ spielt Carlos Ruiz Zafón mit Elementen aus der Biographie Miguel de Cervantes, dem Nationaldichter Spaniens und Autor des Don Quijote.
In Zafóns Erzählung trägt der Büchermacher Antoni di Sempere seinen alten Freund Cervantes zu Grabe und gedenkt dabei der Geschichte, die dieser ihm vor 47 Jahren anvertraute. Eingebaut in die Geschichte sind viele Details, die den Lesern des Barcelona-Zyklus über den Friedhof der vergessenen Bücher schon bekannt sind. So ist es der geheimnisvolle und unheimliche Verleger Andreas Corelli, der Cervantes zu seinem größten Meisterwerk, dem Don Quijotte, motiviert und ihm gleichzeitig als Entgelt dafür das nimmt, was Cervantes im Leben am meisten geliebt hat.

„Mein Angebot ist folgendes. Sie werden ein Meisterwerk schreiben, doch um das zu tun, werden Sie verlieren müssen, was Sie am meisten lieben.“ (S. 55).

Und so erfahren wir, dass der legendäre Friedhof der Vergessenen Bücher auf der Grabstätte Cervantes und seiner geliebten Francesca di Parma erbaut wurde.

„Dieser Ort soll ein Geheimnis sein, ein Rätsel, dessen Anfang und Ende niemand kennt. Und immer möge in ihm der Geist des besten Geschichtenerzählers leben, der je die Erde betreten hat.“ (S. 82)

Diese im „Fürsten des Parnass“ miteinander verknüpften Details bilden somit eine Art Grundlage für die in der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts spielenden Romane „Der Schatten des Windes“, „Das Spiel des Engels“ sowie „Der Gefangene des Himmels“. Wo genau die sterblichen Überreste Cervantes tatsächlich ruhen, ist übrigens bis zum heutigen Tage nicht bekannt.

Eigene Meinung: Zafóns Erzählung  über den großen Schriftsteller Miguel de Cervantes, den „Fürsten des Parnass“ ist ein kleines, aber feines Meisterwerk. Auf den nur 80 recht groß bedruckten Seiten, auf denen der Autor seine Erzählung niedergeschrieben hat, liefert er dem Leser eine Explosion an wunderschönen Sätzen und geheimnisvollen Bildern. Ursprünglich hatte ich eher erwartet, mehr Informationen zu den teilweise noch ungeklärten Rätseln aus den drei Romanen von Zafóns Barcelona-Zyklus zu erhalten, doch der „Fürst des Parnass“ ist mehr als „kleines Beiwerk“ zu sehen, welches dem Leser eine wunderschöne Vorstellung davon, wie der mystische Friedhof der Vergessenen Bücher wohl entstanden sein mag, anbietet. Als solches sollte die Erzählung auch verstanden werden – als Vorschlag, wo möglicherweise der Ursprung seiner mystischen Barcelona-Bücher-Welt liegen könnte. Sie eignet sich damit besonders für Fans von Zafóns übrigen Werken – oder aber als Einstiegslektüre für Leser, die mit den Geschichten rund um den Friedhof der Vergessenen Bücher noch nicht vertraut sind. Als für sich allein stehende Geschichte ist sie nicht gedacht und als solche auch kein großer Kunstgriff.