Rezension

Eine wundervolle, eine märchenhafte Erzählung

Junge mit schwarzem Hahn -

Junge mit schwarzem Hahn
von Stefanie vor Schulte

Bewertet mit 5 Sternen

Das Schicksal hat es nicht gut gemeint mit dem mittlerweile elfjährigen Martin. Den Dorfbewohnern ist er intellektuell haushoch überlegen, aber sie sind die Erwachsenen, behandeln ihn schlecht. Mit dem Kirchenmaler zieht es ihn fort aus dieser Enge, mit dabei ist der Hahn, sein ständiger Begleiter.

Der erste Roman von Stefanie vor Schulte – man möchte es gar nicht glauben. So sprachgewaltig und doch so zart und anrührend erzählt sie Martins Geschichte, die mich sofort faszinierte. Wie in einem surrealen Märchen kam ich mir zuweilen vor. Ein unschuldiges Kind, das außer einem Hahn nichts besitzt, das von den anderen herumgeschubst wird, macht die Welt heller, seine treuherzige und doch so kluge Art lässt trotz aller Einfalt ringsum an das Gute glauben. Ein Kind, das seinen Gefühlen ganz selbstverständlich ohne wenn und aber folgt. Es lässt sich nicht verbiegen, vergisst nie seine Ideale trotz aller Grausamkeit, die ihm überall begegnet.

Ein Buch über Mut und Menschlichkeit, das viel Wärme ausstrahlt. Es geht aber auch um Starrsinn und Verharren in alten Mustern, um Eitelkeit und Einsamkeit, um Unvernunft. Der Aberglaube, all die Dämonen blitzen immer wieder auf, lassen sich nur schwer vertreiben.

Zunächst musste ich mich in Martins Geschichte einfinden, war aber sehr schnell drin und wollte gar nicht mehr aus seinem Leben verschwinden. Wie soll ich den Hahn deuten, der sehr weise daherkommt – eine Metapher? Sein Schutzengel? Der ihn leitet, ermahnt, sein Gewissen und sein Begleiter ist. Ein so anderer Roman, der auf gut 200 Seiten viele Fragen aufwirft, sehr intensiv das Zwischenmenschliche ausleuchtet, um lange nachzuhallen.

Es ist ein Märchen – schön und grausam zugleich. Eine Reise ins Innerste, eine bildgewaltige Sprache. Sätze wie dieser hier:  "Das Kind singt, als laufe es auf Sonnenstrahlen in den Himmel" wärmen ungemein. Diese wundervolle Erzählung hat was mystisches, gleitet ins Surreale. Auf eine sehr gut lesbare Art. Ich mag dieses Buch. Nein, ich bin gegeistert und kann nur jedem empfehlen, es zu lesen.