Rezension

Eine zauberhafte Geschichte mit magischen Zutaten

Die Glücksbäckerei - Das magische Rezeptbuch - Kathryn Littlewood

Die Glücksbäckerei - Das magische Rezeptbuch
von Kathryn Littlewood

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Familie Glyck (Mutter Polly und Vater Albert) betreibt mit ihren Kindern (Thymian, genannt Tymo, Rosmarin, genannt Rose, Basilikum, genannt Basil und dem Nesthäkchen Pimpinella, genannt Nella) eine Glücksbäckerei in dem kleinen Ort Calamity Falls. Was jedoch nur die Eltern wissen ist, dass die Familie seit Generationen ein besonderes Backbuch hütet, dessen Rezepte, versehen mit der einen oder anderen magischen Zutat, so zauberhafte Backwaren wie z. B. Liebesmuffins, Wahrheitsplätzchen oder auch eine Halt-den-Mund-Tarte mit Hintertürchen entstehen lässt. Als die Eltern kurzfristig verreisen müssen und dann auch noch die unbekannte, aber sehr schillernde Tante Lily in der Glücksbäckerei auftaucht, ist es erstmal mit der beschaulichen Ruhe in dem kleinen Örtchen vorbei. Werden die Kinder die vor ihnen liegenden Abenteuer bewältigen?

Schon das wunderschöne und liebevoll gestaltete Cover ist es wert, eingehend betrachtet zu werden. Es ist die Vorderfront der Glücksbäckerei der Familie Glyck abgebildet.
Die in der Auslage dargebotenen Törtchen und Torten lassen auf den ersten Blick die hohe Patissier-Kunst erkennen. Im Verkaufsraum sieht man die angehende Glücksbäckerin Rose. Vielfältige Details (so hat Rose z. B. in ihren hochgesteckten Haaren einen Schneebesen, einen Rührlöffel, ein auf eine Gabel aufgespießtes Stück kandierte Orange und eine große Blüte stecken), eine reiche Farbgestaltung, diverse Blumen und Törtchen bilden einen Rahmen, und als besonderer Clou, reichlich silbern glitzernde und Akzente setzende Verzierungen, lassen dieses schöne Bild fast lebendig erscheinen.
Man ist versucht, die Klinke der Ladentüre herunterzudrücken und sich zu Rose in den Verkaufsraum zu gesellen, womit man dann auch schon mitten in der Geschichte wäre.

Dieses sehr kurzweilige Kinderbuch ist mit seinen 348 Seiten und 18 Kapiteln sehr flüssig zu lesen. Mir gefällt die klare Gliederung: jedes Kapitel erzählt eine eigene kleine Geschichte. Die Überschrift ist jeweils mit einer Illustration versehen, so z. B. das 1. Kapitel mit einer Halskette, deren Anhänger ein Schlüssel in Schneebesen-form ist, oder Kapitel 3, die Rückansicht „Einer geheimnisvollen Fremden“, die jedoch das Familienmuttermal auf ihrer Schulter trägt. An dieser Stelle habe ich auch meine einzige „Beanstandung“: die Illustrationen hätte ich mir ebenso farbig wie das Cover gewünscht, weil dadurch die Aussagekraft der Bilder erhöht wird. Hier also angedacht ¼ Punkt Abzug und da das leider nicht geht, ½ Punkt Abzug.

Die Beschreibung der einzelnen Charaktere gelingt der Autorin sehr gut. Sie verwendet eine einfache und gut nachvollziehbare Sprache. So beschreibt sie Rose, die gerne ebenfalls wie ihre Mutter eine Glücksbäckerin sein möchte, und nun ihre Chance gekommen sieht, ihre Fähigkeiten mit dem magischen Rezeptbuch der Familie Glyck unter Beweis zu stellen, als etwas unsicher und ein wenig abseits vom Rest der Familie stehend. Z. B. auf Seite 50/51 „Das war’s dann wohl. Rose seufzte. Wie hatte sie nur glauben können, Tymo würde ihr in der Bäckerei helfen. Für ihre Brüder war sie Luft, selbst jetzt.“ oder auf Seite 54/55 „Rose war am Boden zerstört. Sie konnte nicht glauben, dass ihre Eltern ihr nicht erlaubten, das Zauberbackbuch zu benutzen, solange sie fort waren. Das war ja so ungerecht! Schließlich hatte sie der Bäckerei ihr ganzes Leben gewidmet! Schließlich war sie es, die morgens früh aufstand, um ihren Eltern bei den Vorbereitungen für den Tag zu helfen, während andere Kinder in ihrem Alter noch schliefen. Schließlich war sie es, die nach der Schule schnurstracks nach Hause lief, weil sie gebraucht wurde, um am Nachmittag beim Putzen der Backstube zu helfen. Und Rose machte das alles, ohne zu meckern, in der Hoffnung, dass sie eines Tages auch eine Glücksbäckerin werden würde. Und nun verboten ihre Eltern ihr die einzige Sache, die sie von Herzen gern tun wollte: etwas Magisches zu backen.
Außerdem blieb es an Rose hängen, sich um ihre kleine Schwester zu kümmern, weil die anderen keine Lust dazu hatten.“

Zu allem Überfluss erscheint dann auch noch die wunderschöne, selbstbewusste und sehr souveräne Tante Lily (Seite 59 „Diese Frau, wer immer sie auch sein mochte, lachte von einem Ohr zum anderen und entblößte all ihre schimmernden perfekten weißen Zähne. Konnte Rose tatsächlich verwandt sein mit jemandem, der so … schön war? Die Frau sah eher wie ein Model aus als wie eine Tante.“
Durch die Kursivschreibung des Wortes „schön“ erreicht die Autorin eine zusätzliche Hervorhebung der eigentlichen Aussage. Sie verdeutlicht damit Roses Selbstzweifel praktisch mit einer Lupe. Ein Mittel der Hervorhebung, dass die Autorin im weiteren Verlauf der Geschichte noch öfters anwendet. Z. B. Seite 60/61, Seite 69 („Das sieht köstlich aus, Tia Lily!“)

Die Geschwister haben einige Abenteuer zu bestehen und es ist auch nicht klar, ob Rose ihrer Tante Lily trauen kann, die bereits kurz nach ihrem Erscheinen die anderen Geschwister „um den Finger gewickelt“ hat.

Die Beschreibung der magischen Zutaten und auch wie die Geschwister Stück für Stück die Geheimnisse der Glücksbäckerei herausfinden, sind der Autorin sehr gut gelungen. Erwähnen möchte ich hier auch noch die wunderbare Beschreibung des Zwerges, der in Kapitel 14 „Das Geheimnis der Zeit“ in den Teig flüstern soll (Seite 269 ff.).

Im Verlauf der Geschichte beschreibt die Autorin anschaulich, wie sich die Beziehungen der Protagonisten untereinander verändern und man darf auf das Ende der Geschichte gespannt sein.

Die vielen guten Einfälle (natürlich mit Irrungen und Wirrungen), die anschauliche Sprache der Autorin und das herrliche Cover machen das Buch absolut lesens- und empfehlenswert. Eine unterhaltsame Geschichte, die auch Erwachsene, die sich einen Funken Kindlichkeit bewahrt haben, in ihren Bann ziehen wird.