Rezension

Eine Zeitreise

Domschattenträume - Karin Joachim

Domschattenträume
von Karin Joachim

Bewertet mit 4.5 Sternen

Karolinas Geschichte ist längst nicht auserzählt, und die Neugierde auf den Nachfolgeband ist groß. Die Sprache hat mich wirklich begeistert.

Schon mit dem ersten Eintauchen in diese andere Welt, Köln um 1926, bin ich als Leser mittendrin, denn die Sprache ist wunderbar an jene Zeit angepasst.

Wir erleben eine junge Frau, die ihre eigenen Träume leben möchte und die erst allmählich ein politisches Bewusstsein entwickelt. Karolina möchte Schauspielerin werden, nimmt Unterricht und verheimlicht diesen vor ihrem Vater, denn der hat für sie kein selbstbestimmtes Leben vorgesehen.

 

Die bedrohliche Atmosphäre, die die Politik jener Tage bestimmt, ist frappierend gut dargestellt. Karolinas Gefühle sind sehr nachvollziehbar. Man spürt förmlich, wie sich eine Bedrohlichkeit zusammenzieht, obwohl sie selten klar geäußert wird.
Karolinas persönliche Geschichte hat Vorrang – was natürlich selbst eine Botschaft hat, weil ihr Einzelschicksal von ihrem Vater, der für die Gesellschaft jener Zeit steht, als so „egal“ angesehen wird. Ihre Hoffnung, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, hat stets etwas Trotziges.
 

Kleine Schwachpunkte im Roman sind Details, die vermutlich wunderbar recherchiert, an den Leser aber nicht weiter transportiert werden. Was ist in Köln der Sammler? Was genau bedeuten Wallraff und Richartz für Köln? Das hätte ich mir in den Roman eingebunden gewünscht, wenn sie schon erwähnt werden; ich habe keine Lust zum Googeln beim Bücherlesen. Braucht man wirklich 1927 keine Ausbildung, um als Sekretärin zu arbeiten?

Stärken sind hingegen die Entwicklungen der Personen. Zum Beispiel Karolinas Bruder, der von einem jungen, unengagierten Mann zu einem politisch Engagierten wird, oder ihr Cousin, der zunächst ein wirklich enger Vertrauter ist, oder die Tante, die offensichtlich eine eindrucksvolle Frau ist. Vor allem natürlich die Hauptperson Karolina, deren jugendlicher Hang zur Träumerei durch eine Reife abgelöst wird, die durch die Geschichte nachvollziehbar und echt wirkt.

 

Zum Schluss des Buchs überschlagen sich die Ereignisse, hier geht mir vieles zu schnell. Karolina hat den wichtigen Schritt zur Erfüllung ihres Traums getan, doch dann geht es in einem gewaltigen Tempo wieder in eine unerwartete Richtung. Es fühlt sich für mich an, als solle die Erzählung endlich zu einem Ende kommen (merkwürdigerweise häufen sich hier auch kleine sprachliche Unebenheiten) und müsse deshalb im Eilverfahren durchgaloppiert werden.