Rezension

Eine zweite Chance

Die Mitternachtsbibliothek -

Die Mitternachtsbibliothek
von Matt Haig

Bewertet mit 5 Sternen

★★★★★

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Die Welt der Mittdreißigerin Nora Seeds gerät aus den Fugen und das macht sie so schwach, dass sie beschließt, nicht mehr leben zu wollen. Auf dem Weg ins Jenseits landet sie in der Mitternachtsbibliothek. Hier trifft sie auf die Bibliothekarin ihrer Schulzeit, Louise Elm. Diese erklärt ihr, dass sie in dieser Bibliothek die Bücher ihrer nicht gelebten Leben findet. Jede Entscheidung, die man trifft, führt zu einem anderen Parallel-Leben im Universum. Nora hat nun die Möglichkeit, in jedes dieser Leben zu schlüpfen, um zu einer endgültigen Entscheidung zu gelangen und das Leben zu leben, das perfekt für sie ist. Nora ist fasziniert und weiß gar nicht, wo sie anfangen soll …

 

Matt Haig hat eine wunderbare Gabe, völlig unrealistische Dinge so zu erzählen, dass sie möglich werden. Man versinkt in seinen Romanen geradezu. Er zeichnet mit Worten herrliche Bilder, lässt neue Welten entstehen und geht sogar noch darüber hinaus, lässt das Universum wachsen und den Leser darin reisen.

 

Nora ist mir von Anfang an sympathisch und ebenso schnell geht es mir ans Herz, wie unglücklich sie ist. Dabei empfinde ich kein Mitleid, denn das wäre unpassend. Aber in mir ist der Wunsch, Nora zu helfen, glücklich zu werden. Sie auf den Reisen durch ihre möglichen Leben zu begleiten ist sehr aufschlussreich und lässt mich über mich selbst vieles lernen. Auch die Sicht auf mein eigenes Leben wurde durch Matt Haigs Roman und seine wunderbare Protagonistin Nora – aber auch durch Mrs Elm – verändert. Das muss ein Autor erst mal schaffen!

 

Die Personen, denen Nora in ihren unterschiedlichen Leben begegnet, bereichern ebenfalls. Jede einzelne trägt dazu bei zu beeinflussen, welche Entscheidung Nora am Ende trifft. Viele Stellen sind herzergreifend traurig, aber es gibt, wie im wahren Leben, auch viel Freude und Spaß, Gefühle jeglicher Art und insgesamt eine Menge Arbeit.

 

Die einzelnen Aufenthalte in den Leben sind teils extrem kurz, doch das genügt völlig. Viel längere Schilderungen hätten mich nur gelangweilt. Ab einem gewissen Punkt hatte ich sogar das Bedürfnis, Nora mitteilen zu dürfen, dass sie in diesem gewählten Leben, das sie gerade probiert, nicht wirklich gut aufgehoben ist. Nach und nach erkennt der Leser, welches Leben Nora wählen sollte und ab da ist es spannend zu beobachten, ob sie diese Erkenntnis auch haben wird.

 

Ein Hauptthema ist Reue. Wie Haig dies behandelt, zeigt, dass er dieses Gefühl sehr gut kennt und weiß, wie sehr es einen fesseln, ausbremsen, blockieren und vor allem deprimieren kann. Wie man loszulassen lernt und sich selbst verzeiht und eine neue Chance gibt, davon handelt dieses Buch auf wunderbare, zauberhafte und unendlich liebenswerte Art. Dass er selbst gegen Depressionen ankämpft, macht ihn quasi zum Experten auf diesem Gebiet. Umso wunderbarer ist es, wie viel Kraft und Mut er mit diesem Buch zu machen imstande ist.

 

Ein liebenswertes Buch, das tief unter die Haut und mitten ins Herz geht und da ganz lange nachhallt! Ganz klare fünf Sterne von mir und mein Januar-Highlight.

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Kommentare

Lerchie kommentierte am 27. Januar 2021 um 11:37

Das mus sich unbedingt lesen. Vielleicht klappt es ja und ich komme in die Leserunde!

LG

Lerchie