Rezension

Einer der besten historischen Romane überhaupt - authentisch, packend und sehr bewegend!

Erzwungene Wege - Annette Oppenlander

Erzwungene Wege
von Annette Oppenlander

Absolut packender historischer Roman aus der Nazi-Zeit - authentisch, sehr bewegend, tragisch. Für mich eines der besten Bücher überhaupt!

"Erzwungene Wege" von Annette Oppenlander ist als Taschenbuch mit 356 Seiten im April 2020 beim Verlag Annette Oppenlander erschienen.

Es handelt sich hier um einen historischen Roman, der auf Fakten beruht und hervorragend recherchiert ist. Die Handlung spielt in den Jahren 1943-1945, und Hauptthema ist die Kinderlandverschickung (KLV) im zweiten Weltkrieg.

Annette Oppenlander hat einen Roman geschrieben über Hilda und Peter und deren Familien aus Solingen. Hilda, gerade 14 Jahre alt, hat sich in Peter, den Nachbarsjungen und guten Freund seit Kindertagen, verliebt. Und nun soll Peter mit der KLV nach Pommern. Er freut sich wahnsinnig darauf und träumt von der Ostsee, Strand, Lagerfeuern, Abenteuern mit seinen Freunden und einer tollen Zeit. Begeistert steigt er in den Zug, der ihn weit weg bringt...Auf dem Zug stand übrigens die Parole: " Räder rollen für den Sieg"...

Hilda ist zugleich empört und traurig, dass Peter so enthusiastisch ist und sich so sehr darauf freut, von daheim wegzukommen. Zumal er außer ihr auch seine Mutter und seinen Bruder Walter allein lässt, denn der Vater ist ja - wie alle gesunden Männer zu dieser Zeit - an der Front.

Hilda will und kann ihre Mutter nicht allein lassen, aber eines Tages kommt dann auch sie mit der Nachricht von der Schule heim, dass ihre Klasse auf KLV muss, und zwar in ein Kloster nach Bayern. 

Für Hilda ist der Abschied schwer, glücklicherweise ist ihre beste Freundin Biene mit dabei. Im Kloster werden die Mädchen nicht gerade freundlich aufgenommen, sie haben eine kargen, strengen Alltag, viel Arbeit und keinerlei Informationen über daheim oder das Kriegsgeschehen. Unter den Augen der gestrengen Mutter Oberin kann selbst die Klassenlehrerin nicht mit den Mädchen so umgehen, wie sie es gewohnt sind.

Aber auch bei Peter läuft es nicht so rund. Als die Jungen in dem für sie vorgesehenen Quartier ankommen, einer ehemaligen Schule, ist nichts vorbereitet, keine Betten, kein Essen, nichts. Sie müssen selbt zurechtkommen, und als nach einiger Zeit dann doch die Nazis anrücken, alles einrichten und von da an ihr Lagerleben bestimmen, wird die Situation alles andere als besser...

Auch der weitere Verlauf für die Protagonisten ist sehr schwierig, ich war teilweise wirklich schockiert, obwohl ich schon einiges über diese Zeit zu wissen glaubte. Was Hilda und Peter sowie ihre Familien erleben musste, steht beispielhaft für unvorstellbares Grauen. Zwang und Unterdrückung, Angst, Hunger, Verluste, physische und psychische Schäden der Kriegsheimkehrer...

Die Kinderlandverschickung war ja von den Nazis verkauft worden als Unterbringung in Sicherheit bei guter Ernährung für die Kinder im zweiten Weltkrieg, aber in der Realität war das sicherlich in erster Linie Propaganda und Indoktrination - den Kindern wurden in Lagern Drill und Manieren beigebracht, es gab keine Informationen oder nur falsche...Natürlich war das nicht überall gleich, es wurden auch Kinder aufs Land geschickt und in einzelnen Familien auf Bauernhöfen etc untergebracht, da war es  bestimmt anders. 

Die ganze Thematik wird hier jedenfalls absolut packend und authentisch dargestellt, die Autorin hat auf der Basis von Zeitzeugenberichten einen fesselnden und bewegenden Roman geschrieben.

Die Geschichte wird jeweils erzählt aus der Sicht von Hilda bzw. Peter, in abwechselnden Kapiteln. Das Buch ist in 3 Bücher unterteilt, diese in recht kurze Kapitel. 

Der Schreibstil hat mir ausgesprochen gut gefallen, ich war sofort drin in der Geschichte und habe stets mitgefiebert und mitgelitten, konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Auch hatte ich hier sehr häufig einen dicken Kloß im Hals und teilweise flossen auch Tränen, es hat mich wirklich sehr bewegt und berührt.

Das Cover ist passt sehr gut zum Buch und ist super gestaltet, das fällt sofort ins Auge.

Mein Fazit: Der wahrscheinlich beste historische Roman, den ich bisher lesen durfte! 

P.S.: Auch "Vaterland, wo bist Du?" von Annette Oppenlander kann ich uneingeschränkt empfehlen, wo die Autorin aus ihrer eigenen Familiengeschichte zwischen 1940 und 1953 berichtet.