Einer der besten Psychothriller, die ich je gelesen habe
Bewertet mit 5 Sternen
Linda Conrads, eigentlich Linda Michaelis, ist hübsch, wohlhabend und mit einer reichen Fantasie begabt, schon als Kind. Jedes Jahr schreibt sie ein erfolgreiches Buch. Nie tritt sie in der Öffentlichkeit auf; sie verlässt noch nicht einmal ihr Haus am Starnberger See, denn sie ist schwer traumatisiert. Sie hatte damals ihre Schwester Anna erstochen aufgefunden und kurz in die Augen des Mörders geblickt. Der Fall wurde nie aufgeklärt.
Als sie den Mörder nach 12 Jahren zufälligerweise im Fernsehen sieht, beschließt sie, ihn zu überführen. Sie schreibt ein Buch über den Mordfall, das in Versatzstücken Teil dieses Thrillers wird, quasi ein 'Buch im Buch', eines, das sie nur 'für ihn' geschrieben hat, 'das Monster', wie sie ihn nennt. Sie arrangiert ein Interview mit ihm, auf das sie sich in jeglicher Hinsicht sorgfältig vorbereitet. Doch als er ihr gegenüber am Tisch sitzt, läuft alles anders als geplant.
Der Leser nimmt an ihren Gedanken, Befürchtungen und Ängsten teil, ist hin- und hergerissen zwischen der Wahrheit und dem, was Linda sich ausdenkt. Ist der Mörder wirklich schuldig oder vielleicht doch Linda selbst, die schließlich mal Hauptverdächtige war? Hat sie den Mörder tatsächlich gesehen, diese Geschichtenerzählerin von Kindheit an?
Ich fühlte mich regelrecht verwirrt, so wie Linda selbst. Die Autorin scheint mit dem Leser zu spielen und hält ihn in atemloser Spannung. Am Ende wird alles aufgeklärt, auch wenn es wenig komprimiert erscheint. Aber es bleiben keine Fragen offen und alles findet seinen Abschluss.
Mir hat besonders die Sprache von Melanie Raabe gefallen, die sich dem jeweiligen Zustand von Linda gut anpasst, mal abgehackt mit Wiederholungen, mal flüssig mit poetischen Anklängen, wenn sie Natureindrücke wiedergibt und manchmal mit schönen nicht abgenutzten sprachlichen Bildern.
Dies ist kein blutrünstiger Action-Thriller, sondern das Meiste spielt sich in Lindas Gedanken und in Dialogen mit dem Mörder (?) ab. Zugegeben, das ist nicht für jeden interessant, aber mir hat das Buch ausnehmend gut gefallen.