Rezension

Einer der romantischsten Austen-Romane ​

Persuasion - Jane Austen

Persuasion
von Jane Austen

Bewertet mit 4 Sternen

Ich bin auch ein großer Fan der Austen-Klassiker „Stolz und Vorurteil“ und „Emma“, doch seit ich „Persuasion“ das erste Mal gelesen habe, habe ich es in mein Herz geschlossen. Die Geschichte der wiedererblühten Liebe zwischen Anne und Captain Wentworth ist meiner Meinung nach eine der romantischsten, die Jane Austen verfasst hat.

Es geht in diesem Roman um eine Beziehung, die nicht nur Standesdünkel und unsympathische Familienmitglieder überwinden muss, sondern auch eine große Kränkung und eine Entscheidung, die sicherlich nicht jeder Mensch verzeihen würde: Anne hat Wentworth schon einmal zurückgewiesen.
Ihre Entscheidung, die sie damals nicht aus eigener Überzeugung sondern aufgrund der Überredung ihrer mütterlichen Freundin Lady Russell getroffen hat, mag sie charakterschwach erscheinen lassen, doch ich finde sie vor allem authentisch. Dass ein junges Mädchen mit 19 Jahren noch recht formbar und offen für die Urteile ihrer älteren Bekannten ist, halte ich für sehr glaubwürdig.

Acht Jahre später wirkt Anne deutlich reifer und weiser - ebenfalls ungewöhnlich für Austen, eine mit 27 für diese Zeit recht alte unverheiratete Frau zu einer Protagonistin zu machen und ihr eine „zweite Chance“ zu geben. Annes deutlich erwachseneres und Wentworths reflektiertes Verhalten machen die beiden jedoch gerade zu einem sehr angenehmen Paar und einer gelungenen Abwechslung zu Austens sonst oft jungen und stürmischen Heldinnen.

Die Gefühle, die beide auch nach all den Jahren noch für einander hegen, mögen - gerade angesichts ihrer kurzen Bekanntschaft vor ihrer Verlobung - aus heutiger Sicht übertrieben und kitschig wirken, doch sie sind auch sehr romantisch. Anne ist sich bewusst, was sie an Wentworth verloren hat, und er denkt trotz seiner Kränkung noch immer sehr gut von ihr. Wie die beiden sich einander annähern, ohne sich bewusst zu sein, was die andere Person fühlt, macht Spaß mitzuverfolgen und erwärmt das Herz. Die vielen unglücklichem Zufälle und Missverständnisse, die ihnen dabei Steine in den Weg legen, sorgen dabei für eine gewisse Spannung.

Angenehmerweise umgeht Austen dabei jedoch den Punkt, an den viele Liebesromane kommen, an dem die Missverständnisse zwischen den Figuren gezwungen und übertrieben wirken. Anne und Wentworth mögen nicht glauben können, dass ihre Liebe noch eine Chance hat, doch dumm oder blind sind sie deshalb nicht.
Das Ende des Romans ist in meinen Augen eines der schönsten und romantischsten von allen Austen-Romanen.

Bei all dem Lob für die Hauptfiguren gibt es allerdings auch etwas zu bemängeln. Anne ist mit ihrer ruhigen, besonnenen und hilfsbereiten eine durchaus sympathische Hauptfigur, doch dadurch wirkt sie, zumindest in ihrer älteren Version, auch etwas zu perfekt.

Schade finde ich auch, dass Anne und Wentworth nicht so richtig darüber sprechen, was damals zwischen ihnen schiefgelaufen ist. Wentworth gibt sich die Schuld, obwohl es eigentlich mehr Annes war, und sie selbst erklärt und entschuldigt sich nicht für ihre damalige Entscheidung, deren Hintergründe Wentworth nur über Dritte erfährt. Von den Gesprächen her, die die beiden im Buch führen, müsste man annehmen, dass Wentworth denkt, Anne sei damals nur das Geld wichtig gewesen und sie habe ihn nicht geheiratet, weil er arm war. Das nimmt der Liebesgeschichte für mich ein wenig die Romantik.

Neben der Liebesgeschichte weist der Roman natürlich auch Austens brillanten, bösen Humor, ihre Beobachtungsgabe und ihre treffenden Beschreibungen der Gesellschaft und einer bunten Sammlung an Figuren auf. Annes hypochondrische Schwester Mary, ihr von Standesdünkel und Eitelkeit durchtränkter Vater, die jungen und noch recht naiven Schwestern Musgrove und der ruhige Captain Benwick - in „Persuasion“ versammelt sich eine bunte Mischung an Figuren, von denen man sich gut vorstellen kann, dass sie einem so auch in echt begegnet wären und begegnen. Wie so oft ist einer der Punkte, den Jane Austen schonungslos ehrlich anspricht, die Ehe, besonders die Zweckehe zwischen Menschen, die nicht unbedingt romantisch zusammenpassen, so zum Beispiel ihre Schwester Mary und Charles Musgrove.
Besonders die Szenen in den Familien Elliot und Musgrove fand ich daher stets sehr erheiternd.

Fazit

„Persuasion“ überzeugt mit seiner ruhigen, romantischen Geschichte über eine Liebe, die eine zweite Chance bekommt. Zudem enthält der Roman die für Jane Austen typischen, treffenden wie bösen Beschreibungen