Rezension

Einerseits. Andererseits.

Unter der Haut - Gunnar Kaiser

Unter der Haut
von Gunnar Kaiser

Bewertet mit 4 Sternen

Ich habe lange an diesem Schmöker gelesen und da und dort auch fröhlich überblättert ..

„Unter der Haut“ ist ein Plagiat. „Unter der Haut“ ist kein Plagiat. Zwei Seelen streiten bezüglich des Erstlings von Gunnar Kaiser in meiner Brust. Die Idee seines Buches stammt von einem anderen Autoren, nämlich von Patrick Süßkind. Der sie möglicherweise auch von jemand anderem hat. Wer weiß das schon. Dennoch hat Gunnar Kaiser dessen Ursprungsidee so sehr verfremdet und sogar verfeinert, dass „Unter der Haut“ kein Plagiat ist, stilmässig schon gar nicht. Ich schnuppere jedoch nicht Gunnar Kaisers Handschrift allein, sondern auch die Atmosphäre von Hesses Steppenwolf, zumindest in der Art wie die Protagonisten in düsterer Stimmung durch die Straßen schlendern. Dieser Erstling ist möglicherweise von vielen anderen Autoren beeinflusst.

Ein geheimnisvoller Mann, Josef Eisenstein, ist Mäzen und Verführer, nicht im sexuellen, sondern ideologischen Sinne. Eines jungen Mannes. Jonathan Rosen. Zusammen gabeln sie junge Mädels auf. Jonathan beschläft sie. Eisenstein ist Voyeur. Eigentlich geschieht viel mehr nicht.

Der Roman ist die Geschichte eines Sommers. Und die Geschichte eines Lebens. Josef und Jonathan ist die Liebe zu Büchern und jungen Frauen gemeinsam eigen. Der Roman ist, sein Frauenbild betreffend, sexistisch. Er hat Längen. Unerträgliche Längen. Und fängt den Leser doch immer wieder ein. Erzählt wird auf die alte, bedächtige Art. Immer wieder frage ich mich: wen lese ich da eigentlich gerade, an welchen anderen Autor erinnert mich das? An Hesse. Der Roman hat auch was Faustisches. Ein bisschen Mann.

Protagonisten, Schauplätze, Plot, Wortwahl: keine Kritikpunkte. Keine Phrasen. Woher kommen die Längen? Zu viele Beschreibungen. Zu viele abschweifende Gedanken, die ich nicht gebraucht hätte. Immerhin kommt der Roman auf stattliche 528 Seiten! Ein bisschen gestrafft, hätte ich vielleicht trotz aller Bedenken die volle Punktzahl gegeben.

Fazit: So ganz begeistert hat mich „Unter der Haut“ noch nicht. Dann doch wieder gezogen. Stilistisch müsste der Autor noch unverkennbarer er selbst werden.

Kategorie: Gute Unterhaltung
Verlag: Berlin Verlag, 2018