Rezension

Eines der bewegendsten Bücher für mich seit langem

Der Zopf - Laetitia Colombani

Der Zopf
von Laetitia Colombani

Bewertet mit 4 Sternen

Erzählt wird die Reise eines Zopfes, durch den die Schicksale dreier Frauen unlösbar miteinander verbunden sind. Eine junge Inderin aus der untersten Kaste, die ihr Heimatdorf verlässt, um ihrer Tochter eine bessere Zukunft bieten zu können. Ein junges Mädchen aus Sizilien, Inhaberin einer Perückenfabrik, die ihre Familie vor dem finanziellen Ruin retten muss und eine erfolgreiche Anwältin, die durch eine Krankheit kurz davor ist, alles zu verlieren, was sie sich hart erarbeitet hat.

Tatsächlich konnte ich mir anhand des Titels wenig vorstellen, aber rückblickend betrachtet, erzählt dieser Titel im übertragenen Sinn die komplette Geschichte. Als ich die Inhaltsangabe gelesen habe, war ich skeptisch, ob es meinen Geschmack treffen wird, aber bereits beim ersten Kapitel war ich in der Welt von Smita, Giulia und Sarah gefangen. Es wird jeweils aus der Perspektive einer Frau erzählt, was zu Beginn eines Kapitels angekündigt wird. Die Stimmen der Vorleser passen unglaublich perfekt dazu, wie ich mir den Charakter der Frauen vorstellte. Es hat mich wirklich begeistert. Smita hat eine sehr sanfte Art, bei Giulia merkt man das Temperament in der Stimme und Sarah hat etwas sehr Bestimmtes und Gefühlskaltes. Mich haben alle drei Geschichten gefesselt. Sie spielen in völlig unterschiedlichen Welten und trotzdem kann man sich super in ihr Leben einfinden. Der Charakter der Frauen äußert sich nicht nur in der Stimme des Sprechers, sondern ist auch an ihren Gedanken und ihrem Handeln zu erkennen. Alle drei Frauen sind auf ihre eigene Art und Weise stark, einzigartig und haben einen tiefen Willen. Sie sind ehrgeizig und verfolgen geradlinig ihr Ziel, komme, was wolle. Besonders beeindruckt hat mich allerdings die Geschichte von Smita und ihrer Tochter. Bisher wusste ich nicht viel über die indische Kultur, aber was ich durch dieses Buch erfahren habe, hat mich wirklich schockiert. Ich fand es spannend, kennenzulernen, aber gleichzeitig auch furchtbar abstoßend, wie krank und grausam Menschen sein können und wie man in unserer heutigen Gesellschaft so ein Leben führen kann.

Mich hat dieses Buch so stark berührt, wie es lange keines mehr geschafft hat und ich würde mich freuen, wenn es irgendwann eine Fortsetzung gäbe, weil ich alle drei Frauen so lieb gewonnen habe und mich sehr interessieren würde, welche Wege sie weiter beschreiten. Ich hätte noch stundenlang Smita, Giulia und Sarah folgen können, ganz egal, wohin.