Rezension

Eines meiner Lieblingsbücher

Biblioteca Obscura: Das Bildnis des Dorian Gray -

Biblioteca Obscura: Das Bildnis des Dorian Gray
von Oscar Wilde

Bewertet mit 5 Sternen

Ein aktueller Klassiker

In der im viktorianischen Zeitalter in London angelegten Geschichte gerät der sehr junge, überaus gut aussehende, unschuldige, etwas naive Dorian Gray unter den Einfluss von Lord Henry Wotton, der schnell erkannt hat, wie beeinflussbar Dorian Gray ist und daran Gefallen findet, ihn zu Manipulieren.
Der mit Wotton befreundete Künstler Basil Hallward hatte Gray portraitiert. Es handelt sich um sein bestes Werk, dadurch
wurde der Lord auf Gray aufmerksam. Das Gemälde schenkt Hallword an Dorian Gray, der selbstverliebt wünscht, dieses Gemälde möge statt seiner Altern.
Leider wird ihm dieser Wunsch erfüllt.

Gray führt ein Leben am Rande des Abgrunds, verführt vom zynischen Lord. Er zieht viele Menschen ins Verderben. Sein Aussehen schützt ihn, da alle davon ausgehen, dass sich ein schlechter Lebenswandel im Aussehen ausdrücken müsste.
Leider ist Dorian Gray zu schwach, die wenigen Momente, an denen er 'erwacht' und das Ruder rumreißen könnte, zu nutzen.
Am Ende wird er bezahlen für seine Taten.

Der Roman ist sehr gut zu lesen. Einige Zitate, die man mit Wilde verbindet, stammen aus diesem Buch. Der ein oder andere Schlagabtausch ist amüsant, auch wenn mir die Figur des Lord Henry nicht gefällt.
Er hat auch für die damalige Zeit eine überraschend frauenfeindliche Haltung; vermutlich oder hoffentlich scheiterte seine Ehe im Laufe der Geschichte genau daran.

Die Beziehung zwischen Dorian Gray und dem Lord bleibt vage, sie könnte daraus homoerotische Züge haben. Auch die Begeisterung des Künstlers für sein Modell ist schon sehr ausgeprägt. Ein von Gray zu einer Straftat verleiteter junger Mann, wurde evtl. von ihm mit der Offenlegung homosexueller Handlungen erpresst.
Der schöne Dorian Gray ist also nur äußerlich reizvoll.

In einer Zeit, in der Menschen Operationen vornehmen lassen, um alterslos zu erscheinen, ist dieses Buch ungewollt aktuell.

Der Ars Edition Verlag hat es neu aufgelegt in der Reihe Biblioteca Obscura.
Der Band wartet zB mit Details wie lackierten Elementen auf dem Einband auf. Ein Gesicht entsteht aus einer Art Flamme, die aus lauter Armen besteht. Schön ist auch der schwarze Schnitt. Im Buch wurde mit unterschiedlichen Schriftgrößen gearbeitet und vereinzelte Textpassagen hervorgehoben, das finde ich sehr gelungen. Der polnische Künstler Marcin Minor hat Bilder und Zeichnungen im Text ergänzt. Diese finde ich nur sehr selten passend zur Stelle im Buch. Das ist schade, da aus meiner Sicht gerade dieses Buch viele Gelegenheiten für passende Zeichnungen bietet. Das hätte m.E. besser umgesetzt werden können. Die vielen Augen auf Vorsatzpapier und einigen der Bilder finde ich übertrieben.
Den Totenkopfschwärmer am Ende jeden Kapitels widerrum finde ich ein schönes Detail.
Leider fehlt ein Lesebändchen.
Trotzdem würde ich zu dieser Ausgabe greifen, wenn ich das Buch verschenken würde und bewerte es mit 5 Sternen.