Rezension

Einfach ein starkes Jugendbuch!

Mein bester letzter Sommer
von Anne Freytag

Zum Inhalt

Sie weiß, dass sie sterben wird. Sie wird das 18. Lebensjahr nicht erreichen. Warum also noch den Führerschein machen, den Schulabschluss und Bewerbungen an Universitäten schicken? Es hat keinen Sinn. Sie wartet auf das Unvermeidbare. Ihren Tod.
Doch die Begegnung mit Oskar reißt Tessa ins Leben, in seiner vollen Stärke, zurück. Vor Monaten teilten sie einen perfekten Moment in der U-Bahn. Jetzt teilen sie alle ersten und letzten Momente. Intensiv und mächtig ist da dieses Gefühl zwischen den beiden. Von Anfang an. Bis zum Ende….
 

Die Meinung

Hey, nimm meine Hand und komm mit. Ich nehme dich mit auf eine Reise von Deutschland nach Italien. Sie wird dich durch die tiefsten Täler und Untiefen deiner Emotionen führen, dir aber auch die süßesten und himmelhochjauchzende Momente bescheren.

So oder so ähnlich bin ich dem Ruf von Anne Freytag mit „Mein bester letzter Sommer“ gefolgt. Ich habe mich auf dieses Jugendbuch und dem dazugehörenden Roadtrip eingelassen und bereue es nicht. Trotz meines verquollenen Gesichts, als ich die letzten Zeilen las und trotz meines Falls in einen emotionalen, gefühlt kilometertiefen Krater.
Und wie hat das Frau Freytag geschafft? Simpel und doch herausragend. Mit einem gestochen scharfen, unfassbar ehrlichen und doch leichten Schreibstil. Dazu eine ordentliche Portion Humor und fertig ist der ultimative Mix, um Leser in literarische Welten zu entführen. Auf der ersten Seite habe ich mein Ich in der Realität zurück gelassen und bin in das Leben und Ich von Tessa geschlüpft. Tessa, nein, ich bin todkrank. Von Lethargie, Angst, Wut und Verzweiflung geplagt. Ich sterbe. Mit jedem neuen Tag bin ich dem Tod näher.
Wie geht man damit als junges Mädchen um? Als Mensch? Wie hoffnungsvoll auf eine Zukunft blicken, die sich nur auf wenige Wochen beschränkt?

Freytag hat mir glaubhaft gemacht, dass es Tessa scheißegal ist, was noch kommt. Und wie wichtig doch alles ist und wird, wenn man jeden Tag am Abgrund steht. Denn es könnte ihr letzter Moment sein. Ihr letzter Atemzug. Auf jeder Seite. Weswegen da Freude oder Höflichkeit vorheucheln? Warum eine Krankheit schön zeichnen, wenn sie es nicht ist? Und dann zeigt mir Frau Freytag wieder die Kehrseite. Auf sanfte und berührende Weise. Wie geht man mit einer Distanz zum Leben, welches kaum existiert, um? Wie mit der fehlenden Distanz zum Tod? Das alles ist schon Bürde genug. Aber was, wenn man sich auf der Zielgeraden noch verliebt und plötzlich einen Grund findet, bleiben zu wollen? Was alles nur komplizierter macht. Das mag kitschig klingen, aber das ist nicht künstlich produzierter Kitsch. Dieser „Kitsch“ ist wahrhaftig, nah, aber auch schmerzhaft und durch die Krankheit von Tessa gezeichnet und auch mal hässlich. Und das macht diese Geschichte im Gesamtbild so echt.

Man kommt nicht umhin das Buch irgendwie mit „The fault in our stars“ bzw. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green in Verbindung zu bringen. Denn beide Bücher haben eine ähnliche Thematik. Beide verlaufen tragisch. Beide Bücher treiben einem die Tränen in die Augen. Und obwohl John Green mein Jugendbuch-Papst ist, braucht sich Anne Freytag dahinter nicht verstecken. „Mein bester letzter Sommer“ kann es locker, ohne Anlauf, damit aufnehmen. Ich habe selten so viel und heftig bei einem Buch geweint. Manchmal waren es nur zwei Sätze, nur ein Wimpernschlag und Tränen liefen mir, mal mehr oder weniger stumm, übers Gesicht. Und irgendwie passierte das dauernd. Kaum hatte ich Luft für die nächsten Seiten, brachen wieder die Dämme. Irgendwann saß ich in einem Meer aus Emotionen und Taschentüchern. Ich wusste kaum wohin mit mir.

Ich habe jeden Moment, jede Szene gespürt. Ich habe dieses verliebte Kribbeln gespürt, wenn Oskar Tessa zum Lachen brachte. Ich habe die Verzweiflung gespürt, wenn sie ihm nah sein wollte, es aber auf Gedeih und Verderb doch nicht konnte. Ich habe die Lebensfreude und Lust in mir erwachen gespürt, als Tessa aus ihrem Schneckenhaus hervorkam. Durchweg ist dieses Buch so unglaublich intensiv. Es ist ein einziger emotionaler Rausch. Ich konnte und wollte das Buch kaum weglegen. Und doch hatte ich so eine Angst vor dem Ende.
Denn ich kann euch hier nichts vormachen. Wenn man dieses Buch beginnt, weiß man, dass es kein Happy End mit Wunderheilung geben wird. Man weiß das und geht bewusst den Deal ein, dass einem hier das Herz gebrochen wird. Aber das wird einem auf so bittersüße Art und Weise gebrochen.

Ist das Buch vorhersehbar? Ja. Da macht aber niemand einen Hehl draus. Es geht vielmehr um den Weg, diesen Roadtrip, den man bis dahin zurücklegt mit „Teskar“. Denn dieses Buch gibt dir etwas wieder. Es öffnet dir die Augen. Es lässt den Alltag Alltag sein. Und die kleinen Momente, so unscheinbar sie sind, kostbar wie einen milliardenschweren Schatz werden. Es zeigt dir, dass die Liebe manchmal das einzige ist, was dich noch retten kann. Und die Familie, trotz Ärger und Streitigkeiten, doch immer da ist. Und als Sahnehäubchen gibt’s auch noch eine Playlist, die einem die Schuhe weghaut, bzw. jeden einzelnen Moment von Teskar unterstreicht und dir noch intensivere Lesezeit schenkt. Also solltet ihr unbedingt die Songs beim Lesen hören! Ich habs getan und liebe diesen bittersüßen Soundtrack.

 

Mein Fazit

Wer mal wieder die Tränenkanäle durchspülen will, kann und sollte unbedingt dieses Buch lesen. Wenn man aber auch auf der Suche nach einem besonderen Buch ist, welches sich mit dem Leben und dem Tod auf authentische und herzzerreißende Art auseinander setzt, der sollte „Mein bester letzter Sommer“ von Anne Freytag lesen.