Rezension

Einfach großartig

Die Vergessenen - Ellen Sandberg

Die Vergessenen
von Ellen Sandberg

Bewertet mit 5 Sternen

Hinter dem Pseudonym Ellen Sandberg verbirgt sich eine meiner Lieblingsautorinnen, und sie hat mich auch mit diesem Buch wieder rundum begeistert.

Hier gibt sie den „Vergessenen“ eine Stimme, schreibt über eine Vergangenheit voller Schrecken, die ihre Schatten bis in die Gegenwart werfen. Sie bewegt sich dabei auf mehreren Erzählebenen und verwebt diese so gekonnt, dass ich trotz der unglaublichen Vielschichtigkeit niemals ein Gefühl von Überfrachtung hatte.

Wie so oft in ihren Büchern lässt sie unaufdringliche Gesellschaftskritik einfließen, hier u. a. ihre Protagonisten eine Grundsatzdiskussion zu Rache und Gerechtigkeit führen, ohne zu belehren oder gar zu langweilen. Und doch empfand ich dies als ein wichtiges Element der Geschichte, das immer wieder zur Sprache kommt.

Rückblickend kann ich gar nicht sagen, welcher Anteil mir am besten gefallen hat. Spannend und interessant war es für mich auf sämtlichen Ebenen. Katharina Mändlers  Erinnerungen, die weit in die Vergangenheit wandern, fand ich ebenso fesselnd wie die Entwicklungen im Leben ihrer Nichte Vera. Tja, und dann gibt es noch Manolis. Anfangs dachte ich, ok ein sympathischer Typ mit einem Doppelleben bzw.  einer dunklen Seite. Aber wie Ellen Sandmann diese Figur formt, hat mich nachhaltig beeindruckt. Unfassbar, welche Last ihm von seinem Vater aufgebürdet wurde im Alter von nur sechs Jahren, und die sein Leben seitdem begleitet und überschattet hat. Für mich war das fast noch schrecklicher als die Grauen der Vergangenheit. Umso erstaunlicher, zu welcher Persönlichkeit er dennoch hat werden können.

Für mich fängt die Autorin fängt das Besondere ihrer Figuren ein wie kaum eine andere. Schablonenhaft gibt es bei ihr nicht. Atmosphäre und Gefühle, Dialoge und Gedanken, alles wirkt jederzeit glaubhaft und echt, egal ob Drama, Liebe oder Glück. Sie schreibt einfühlsam über grauenvolle Geschehnisse und versteht es, ihre Leser zu fesseln und zu berühren ohne übertriebene Sentimentalität. Und genau so mag ich es.

Manches kommt wie vermutet, anderes überraschend, tatsächlich bleibt die Geschichte spannend und wendungsreich bis zu ihrem stimmigen Ende.

Anfangs habe ich die leise Hoffnung gehegt, „die Vergessenen“ könnte vielleicht der Beginn einer Reihe sein, mit Manolis und Vera als Hauptfiguren. Doch nun muss ich leider feststellen, eigentlich ist die Geschichte auserzählt, das Ende rund und die Entwicklung der Figuren abgeschlossen – obwohl ich sie sehr, sehr gerne weiter begleiten würde.

Vielleicht gibt es ja ganz bald eine Fortsetzung mit ihrer Erfolgsfigur, die auch hier einen winzig kleinen Auftritt hatte.

Alle 5 Sterne, besser geht für mich nicht.