Rezension

einfach perfekt!

Kurt - Sarah Kuttner

Kurt
von Sarah Kuttner

Bewertet mit 5 Sternen

Lena hat alles, was man zum Leben braucht. Job, Haus, Mann und Kind. Okay, das Kind ist von ihrem Freund und dessen Ex, aber es ist ja dennoch ein tolles Kind. Bis eines Tages einfach gar nichts mehr ist wie zuvor und sie herausfinden muss, dass es leider keine Universalrezepte gibt. Weder für Kuchen noch für die ultimative Form von Trauer...

Auf dieses Buch bin ich durch eine Empfehlung aufmerksam geworden und ehrlich gesagt bin ich froh, darauf gehört zu haben.

Die Geschichte um die 1,5 Kurts (der kleine Kurt und sein Vater haben den selben Namen, warum auch immer) beginnt eigentlich recht charmant. Auch, wenn hier schon das ein oder andere Problem durchblitzt.
Sarah Kuttner erzählt unheimlich warmherzig, liebevoll und mit viel Humor vom gemeinsamen Leben der drei. Aber eben auch davon, dass es für Lena manchmal gar nicht so einfach ist, ihren Platz in diesem Konstrukt zu finden. Wer in einer mittlerweile so gängigen Patchwork-Familie aufgewachsen ist, wird hier vielleicht schon das ein oder andere Thema wiedererkennen.
Diesen Teil fand ich extrem einnehmend, und dies aus zweierlei Gründen. Zum einen hat sie einen für meinen Geschmack sehr guten Humor, der mir deshalb gut gefallen hat, weil er einfach, pointiert und nicht gezwungen wirkt. Sie verpackt ihren Witz eher in Nebensätze. Und nicht selten habe ich herzhaft lachen müssen.
Zum anderen ist ihre Geschichte einfach bodenständig. Wir erleben hier kein Fantasiekonstrukt einer hochtrabenden Liebe, die nach Jahrzehnten noch so rosarot wie am ersten Tag ist, oder uns erzählt, was der perfekte Mann alles für einen macht. Nein! Sie spielt mit den ganz normalen und alltäglichen Eigenschaften sowie gleichzeitig auch Unzulänglichkeiten, die uns und unsere Partner ausmachen und wegen denen wir sie noch mehr lieben! Ok, manchmal muss man vielleicht sagen „trotz denen wir sie lieben“, aber nun gut ;) Ich denke spätestens hier findet man sich früher oder später wieder, vielleicht auch mit dem ein oder anderen Augenzwinkern. Auf jeden Fall hatte sie eben wegen dieser Bodenständig- und Ehrlichkeit meine Sympathie bereits nach ein paar Seiten.

Nach ein paar Kapiteln kommt dann der große Umschwung und die zu Beginn leichte und humoristische Geschichte nimmt eine dramatische Wendung.
Wir begegnen einem Verlust, den niemand erleben sollte, der aber dennoch leider vorkommt.
Von jetzt auf gleich ist es mit der Leichtigkeit vorbei. Und auch diese Emotionen kamen bei mir so gekonnt an, dass ein paar Mal die Tränchen gekullert sind.
Sarah Kuttner beschreibt hierbei nicht nur die Hilflosigkeit und Ohnmacht, sondern bezieht auch die unterschiedlichen Arten der Trauer ein. Und auch hier lebt die Story ein Stück weit von der Empathie der Leser, der regelmäßig ins Überlegen kommt, wie er mit bestimmten Situationen umgehen würde. Zumindest ging es mir so.

Man könnte vielleicht kritisieren, dass die Geschichte in Summe eher oberflächlich bleibt - also was manche Charaktere und Details betrifft. Immerhin hat das Ganze nur knapp 240 Seiten.
Aber die Autorin sagt mit wenig so dermaßen viel, dass mir absolut nichts gefehlt hat.
Im Gegenteil! Für mich war „Kurt“ einfach nur perfekt. Schlicht und dennoch so tiefgründig wie wenig andere Bücher. Das wird definitiv nicht mein letztes Buch von ihr gewesen sein.