Rezension

Einfall

Wiener Straße - Sven Regener

Wiener Straße
von Sven Regener

Bewertet mit 4 Sternen

Über dem Café Einfall ist eine Wohnung frei. Frank Lehmann zieht mit Chrissie, der Nichte des Café-Besitzers, und den beiden Künstlern Karl Schmidt und H. R. Ledigt in diese WG-Wohnung. Man schreibt das Jahr 1980 zur Zeit der Aktionskünstler und Hausbesetzungen in Westberlin. Im Café übernimmt Frank das Putzen. Und Chrissie quengelt solange nach einen Job, bis sie die Frühschicht übernehmen darf. Derweil übernimmt ein neugieriger Nachbar das Renovieren der Wohnung. Und die Künstler erstellen Kunstwerke.

 

Vielleicht muss man die 1980er inklusive einer Fahrt nach Westberlin erlebt haben, um sich in dieser schrägen Romankomödie wohl zu fühlen. Beim Lesen der Dialoge fühlt man sich in die alten Zeiten zurückversetzt. Mit großen Augen bestaunte man die große Stadt mit ihrer Subkultur, die wie eine Insel in einem ganz fremden Land lag. Keine Wehrpflicht, Berlinförderung und tosendes Leben in urigen Biergärten und auf den Straßen. Mit jedem „Ist schon offen?“ schmunzelt man erneut, mit jedem frech-aggressiven Spruch von Chrissie grinst man über die Berliner Schnauze, die nicht nur von Berlinern gesprochen wird. Auch die urigen Kunstwerke oder Kunstaktionen vermögen zu überzeugen. Würde da nicht immer mal der neue Kontaktbeamte des Kiez dazwischenfunken.

 

Wie eine Momentaufnahme wirkt die Erzählung. Für ein paar Handlungstage kann man ins Westberlin des Jahres 1980 eintauchen und den Witz des Autors genießen. Wenn man die Welt des Frank Lehmann mag und aus den früheren Romanen kennt, wird man sich über die Wiederbegegnung mit den bekannten komischen Helden freuen und an diesem Ausschnitt aus ihrem Leben gerne teilhaben. Fast wie eine Milieustudie in nicht ganz so ferne Zeiten schlägt Sven Regener eine Brücke in die Erinnerung. Im Geiste hört man den Tonfall, sieht man sie agieren und amüsiert sich über die skurrilen Ideen. Es lebe der Punk, es lebe Berlin und es lebe Frank Lehmann.