Rezension

Einfühlsam und ungewöhnlich

Kieloben - Karin Nohr

Kieloben
von Karin Nohr

Bewertet mit 5 Sternen

Wer von diesem Roman Antworten erwartet, wird enttäuscht werden. Ich empfehle dieses Buch sehr gern allen, die einen Roman mit viel Stoff zum Nachdenken in einem außergewöhnlichen Schreibstil lesen möchten.

"Durch einen Zufall entdecken Inga und Mette, die eine aus Berlin, die andere aus Norwegen, dass ihr Leben durch die Geschichte ihrer Eltern schicksalhaft verwoben ist. Ihr Aufbruch zueinander wird zu einer wahrhaften Seelenreise und führt sie an Grenzen, die sie gar nicht erkunden wollten: Sehnsucht stößt auf Angst, Missverständnisse lauern überall." - soweit der Klappentext.

Karin Nohr, in Hamburg geboren, studierte Literaturwissenschaft und Psychologie und bildete sich in klassischem Gesang fort. Sie promovierte mit einer musikpsychologischen Arbeit (1997). Nach jahrelanger Therapietätigkeit als Psychoanalytikerin in eigener Praxis und vielen Fachveröffentlichungen zum Thema Imagination entschied sie sich, ihre Zeit ganz dem literarischen Schreiben zu widmen. „Kieloben“ ist ihr fünfter Roman.
Karin Nohr hat eine Tochter und lebt in Berlin und im Wendland. (Quelle: Klappentext)

Das Buchcover ist wunderschön gestaltet. Sofort sehe ich eine norwegische Hafenstadt, deren Lichter sich im Wasser spiegeln. Diese Zeichnung setzt sich auf der Rückseite fort. Sowohl im vorderen als auch im hinteren Einband findet sich diese Zeichnung wieder, versehen mit einem weiteren Detail: der Mond, der sich hier zu einem Herz formt. Ein weiteres liebevolles Detail ist der Titel, der sich zu Beginn eines jeden Teils gespiegelt wieder findet.

Karin Nohr schreibt die Geschichte der beiden Halbschwestern auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Inga steht an einem Wendepunkt im Leben und erinnert sich auf einer Reise nach Norwegen an ihren verstorbenen Vater. Dabei werden Erinnerungen an Eltern und Kindheit, Ingas Brüder, die Probleme der Gegenwart miteinander verwoben, so dass es eine Vielzahl von Informationen gibt, die etwas zusammenhanglos nebeneinander stehen und sortiert werden wollen. Ganz genau so, wie Gedanken kommen und gehen.

Der Austausch der Geschwister über die Erinnerungen an die Eltern, insbesondere den Vater, der während des Krieges in Norwegen stationiert war, wird in einem Mailwechsel, später bei einem Treffen in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gut dargestellt.

In diesem Roman geht es um Inga und ihren Weg zurück ins Leben, der eng mit dem Kennenlernen von Mette verbunden ist. Inga liebt das Segeln und das Meer, einige Kapitel befassen sich damit. Sie fließen ruhig dahin, es passiert nicht viel, der Leser nimmt an Ingas Gedankengängen teil. Mir hat das sehr gefallen, weil Erinnerungen an Segelurlaube in Skandinavien geweckt wurden.

Die Autorin hat, wie schon zu lesen war, als Psychoanalytikerin gearbeitet, was diesem Buch sehr positiv anzumerken ist.

Viele Themen werden angerissen: die Familiengeschichte, die norwegisch-deutsche Geschichte im Zweiten Weltkrieg, die Auswirkungen von Kriegstraumata auf die nachfolgende Generation und die Verarbeitung persönlicher Schicksalsschläge.

Fazit: Wer von diesem Roman Antworten erwartet, wird enttäuscht werden. Ich empfehle dieses Buch sehr gern allen, die einen Roman mit viel Stoff zum Nachdenken in einem außergewöhnlichen Schreibstil lesen möchten.