Rezension

Einheitsgrau statt schwarz und weiß

Night of Crowns: Spiel um dein Schicksal - Stella Tack

Night of Crowns: Spiel um dein Schicksal
von Stella Tack

Das Buch „Night Crowns – Spiel um dein Schicksal“ ist der Auftaktband – mindestens ein weiteres Buch wird noch folgen, dafür wird bereits auf den letzten Seiten geworben. Das Buch ist 2020 als Klappbroschur im Ravensburgerverlag erschienen. Von der Autorin Stella Tack habe ich bisher noch nichts gelesen, jedoch konnten mich sowohl Cover, Romanidee und Leseprobe neugierig auf das Buch machen. Mein Mann und mein Sohn spielen sehr gerne Schach, ich leider weniger, und daher war ich sehr gespannt darauf, was die Autorin aus diesem Stoff machen wird.

 

Worum geht es in dem Buch?

Alice hat ein seltsames Erlebnis auf einer Party – obwohl sie keine Drogen genommen hat, begegnet sie einer sprechenden Katze, die außer ihr jedoch niemand sprechen hört, und hat auch sonst immer wieder Halluzinationen, vor allem von Spinnen. Ihre schulischen Leistungen verschlechtern sich – und sie muss sogar auf die Sommerschule in einem Nobelinternat. Dort gerät sie mitten in ein Spiel um Leben und Tod – und weiß nicht, ob und auf welcher Seite sie steht, wie das Spiel genau abläuft und warum sie selbst Teil davon wurde.

 

Meine Meinung zu dem Buch

Alice ist für mich ein blasser Charakter – ihre guten Noten stehen im krassen Widerspruch zu dem drastischen Leistungsabfall, durch den sie sogar ein Schuljahr wiederholen musste. Das passt für mich überhaupt nicht zusammen, vor allem ist es für mich unverständlich, dass ihre Mutter über den Leistungsabfall erstens nicht informiert wird und auch sonst nichts mitbekommt – als Sherriff müsste sie hier ja entsprechende Antennen haben, um mitzubekommen, dass etwas nicht so läuft, wie es soll. Das hat für mich gleich zu Beginn nicht gut gepasst, aber da war ich noch gespannt darauf, was kommen wird.

Achtung – Minispoiler! An die beste Freundin, wegen der sie ja auf die Sommerschule will, um dann das gemeinsame Abschlussjahr zu machen, denkt sie im Laufe der weiteren Handlung auch nicht mehr, was ich ebenfalls sehr seltsam finde. Gerade bei so innigen Freundschaften, wie sie am Beginn wirkt, verstehe ich es nicht, dass nicht einmal im Buch auftaucht „Was hätte meine beste Freundin in der Situation gemacht?“ oder „Das würde sie mir auch gar nicht glauben, wenn ich es ihr erzähle“. Die fehlende Kontaktaufnahme von außen wird ja in der Handlung erklärt – dieser Punkt bleibt für mich jedoch offen.

Dass man nach und nach in das Spiel eingeführt wird, finde ich toll, denn so erlebt man die Geschichte aus der Sicht von Alice. Anstatt das Spiel mit ihrer „Buntheit“ zu beleben, weil sie ja offensichtlich weder schwarz noch weiß ist, wirkt sie wie eine blasse Marionette, die sich schicksalsergeben ihrer Rolle fügt und genau das tut, was man von ihr erwarten würde. Ebenso ist sie extrem leichtgläubig und unreif für ihr Alter. Sie hinterfragt nicht, was sie an Informationen erhält, sondern denkt lange in den frühkindlichen gut-böse Stereotypen.

Die weiße König ist die geborene Zicke, auch hier kommt kein differenziertes Bild durch. Die schwarze Königin ist „Everybody’s Darling“ – ein Gutmensch durch und durch so ganz ohne Ecken und Kanten. Die anderen Figuren bleiben leider sehr blass und man erfährt nur bruchstückhaft etwas über sie, so dass ich von vielen der Charaktere gar kein richtiges Bild vor Augen habe sondern mich mit Stereotypen herumschlage – was bei einer Länge von knapp 500 Seiten nicht sein müsste.

Meine Lieblingsfigur in dem Buch ist Kater „Curse“. Auch hier hinterfragt Alice den Namen der Katze nicht. Was mir hier nicht so gut gefällt – schon wieder Alice und Katze – als ob es diese Kombination nicht bereits zur Genüge gebe – wieder so eine abgedrehte Version der Wunderlandgeschichte? Zumindest in Band 1 mal nicht wirklich.

Wo meine Erwartung jedoch voll und ganz erfüllt wurde: der Schreibstil lässt sich leicht lesen, und ab der Hälfte fand ich auch die Handlung richtig spannend. Bis dahin hätte ich jederzeit abbrechen können, aber weitergelesen, weil ich das Buch als Rezensionsexemplar erhalten habe und ein Werk gerne ganz lese, bevor ich mir eine Meinung darüber bilde.

Auf den letzten 100 Seiten sieht es so aus, als würde Alice doch noch Anflüge eines eigenständigen Charakters mit selbst getroffenen Entscheidungen entwickeln – so dass ich gespannt darauf wäre, ob sich diese Entwicklung in Band zwei weiter fortsetzt.

Mit einem richtigen Schachspiel hat das Buch meiner Meinung nach auch zu wenig zu tun, da sich hier nicht die Züge abwechseln, sondern nach einer bestimmten Zeitdauer die Rolle getauscht wird. Das überzeugt mich dann wieder nicht so ganz – so ist mir die Geschichte etwas zu sehr nach Räuber und Gendarm.

Für mich der größte Logikfehler: Wenn es beiden Seiten darauf ankommt, dass es möglichst wenige Verluste gibt und das Spiel erst mit dem Tod eines Königs endet: warum treffen sich die beiden nicht einfach zum Duell – sagen wir, täglich kurz vor/nach Mitternacht? Wahrscheinlich, weil das nicht ausreichend Seiten füllen würde. So oft das betont wird, so gegensätzlich dazu verhalten sich die Figuren jedoch.

 

Fazit: Die Idee des Buches begeistert mich nach wie vor, jedoch finde ich keine Identifikationsfigur in der Geschichte, weil mir die meisten Charaktere selbst für ein Jugendbuch zu flach gezeichnet sind. Von der Umsetzung bin ich noch nicht restlos überzeugt, würde aber auf einen überragenden Folgeband hoffen.