Rezension

einmalig anders & sagenhaft faszinierend

Rot wie das Meer
von Maggie Stiefvater

Bewertet mit 5 Sternen

Mit dem Prolog steigen wir neun Jahre vor der eigentlichen Geschichte in die Geschehnisse ein. Sean Kendrick begleitet als Kind seinen Vater ans Skorpio-Rennen. Wir bekommen einen ersten Einblick, was diese Wasserpferde, die Capaill Uisce, sind und vor allem, was ihre Eigenschaften sind, denn dieses Pferderennen am Strand ist immer eine sehr blutige Angelegenheit und nie kommen alle gestarteten Reiter ins Ziel . . . und in diesem Jahr auch Seans Vater nicht.

Die Geschichte spielt auf der kleinen Insel Thisby, die nur im November zum Skorpio-Rennen Touristen anlockt. Wieder einmal ist es Maggie Stiefvater gelungen, einen einmaligen und unglaublich atmosphärischen Schauplatz zu erschaffen und beim Lesen wurde allem Leben eingehaucht. Ich sah die raue, wilde Klippenlandschaft vor mir, den Ort Skarmouth mit seinen etwas schrulligen Bewohnern, habe das Meeresrauschen gehört, die Gischt gespürt und über dem herrlichen Duft der Novemberkuchen ist mir das Wasser im Mund zusammengelaufen.

Wie für die Autorin typisch, wird auch "Rot wie das Meer" aus zwei Perspektiven erzählt.

Kate Conolly, von allen Puck genannt, hat bei einem tragischen Unfall ihre Eltern verloren und lebt seither mit ihren beiden Brüdern Finn und Gabriel auf dem abgelegenen, heruntergekommenen elterlichen Hof. Sie ist ein offenes, aber auch eigensinniges Mädchen und verbringt ihre Zeit am liebsten auf dem Rücken ihres Inselponys Dove. Als Gabriel seinen jüngeren Geschwister eröffnet, dass er die Insel verlassen und aufs Festland ziehen wird, möchte Puck das unter allen Umständen verhindern und meldet sich ans Skorpio-Rennen an.

Sean Kendrick hat sein Leben den Pferden verschrieben. Er ist der Pferdeflüsterer der Insel und hat das Skorpio-Rennen schon viermal für sich entscheiden können. Niemand kennt sich so gut mit den Wasserpferden aus als er. Und obwohl er bei den Insulanern sehr hoch im Kurs steht, ist er ein Einzelgänger, introvertiert und eigenbrötlerisch, und lässt nur einen an sich heran: das rote Capaill Uisce Corr.

So unterschiedlich einem die beiden Charakteren zu Beginn vorkommen, so viel haben die zwei auch gemeinsam: ihre Liebe zur Insel und den Pferden.

Neben den beiden Protagonisten spielen natürlich die Pferde eine grosse Rolle in diesem Roman. Sofort merkt man, dass die Autorin Ahnung von diesen Tieren hat, denn jedes Detail wird von ihr grossartig beschrieben. Und auch wenn ich alles andere als ein Pferdenarr bin, ist diese Faszination zu diesen Tieren bis zu mir herüber geschwappt. Mit einem Schauer auf dem Rücken sah ich vor mir sagenhafte Wasserpferde aus dem Meer steigen und bewunderte Stiefvaters Begabung, mythische Wesen so real in eine Geschichte zu verstricken.

"Rot wie das Meer" ist anders . . . etwas ganz Besonderes. Einmal mehr hat mich Maggie Stiefvater mit ihrem wunderbaren, beinahe schon poetischen Schreibstil verzaubert und in eine einmalige, atmosphärische Welt entführt. Die zwei speziellen Protagonisten haben mich von Anfang an überzeugt und die fein eingewobene Liebesgeschichte ist einfach nur schön.

Lange hat Maggie Stiefvater die irische-schottischen Legenden über Wasserpferde mit sich herumgetragen, bis sie sie sich so zurechtgebogen hatte, dass sie in ihr Buch passten. Und ich muss sagen, zum Glück hat sie sich für das "weniger ist mehr" entschieden.

Fazit:
"Rot wie das Meer" ist eine wunderbar atmosphärische Geschichte, die mich mit ihren authentischen Protagonisten und dem wunderbar malerischen Schreibstil in ihren Bann gezogen - und auch als Nicht-Pferde-Narr - total fasziniert hat.
Das Buch ist nicht nur optisch ein Schmuckstück sondern auch inhaltlich ein Highlight, das ich bestimmt nicht mehr vergessen werde.