Rezension

Einsamkeit

Unter den Menschen - Mathijs Deen

Unter den Menschen
von Mathijs Deen

Bewertet mit 4 Sternen

Schon die ersten Sätze dieses bemerkenswerten Romans führen den Leser in raue, abweisende Gegend: „Irgendwo weit im Norden steht am Seedeich ein Bauernhof, der wie ein wartendes Arbeitspferd sein Hinterteil dem Meer zuwendet.“ Dort lebt der Bauer Jan allein, seine Einsamkeit empfindet er besonders in den stillen Wintermonaten als bedrückend. Wochenlang spricht er mit keinem Menschen. Er sehnt sich nach Liebe und einer Familie. So gibt er eine Annonce auf: Bauernsohn sucht Frau, wohnt allein, 80 ha.

Wil sucht keinen Mann, aber ein Haus am Meer wäre die Erfüllung ihrer Sehnsüchte. Sie sitzt in der Anzeigenabteilung der kleinen Zeitung und Jans Inserat erweckt ihr Interesse. Sie lässt alle Zuschriften verschwinden, schreibt selbst einige Antworten unter verschiedenen Namen und rückt bei Jan an.

Zwei Menschen treffen in diesem Roman aufeinander, die an ihren Problemen fast zu zerbrechen scheinen. Können sie einander gut tun oder gar eine Stütze sein? Mir schien, die düstere niederländische Polderlandschaft ist ein Spiegel dieser beiden Figuren. Der Autor versucht auch gar nicht beim Leser Empathie für seine Protagonisten zu erwecken. Er selbst steht ihnen ja distanziert gegenüber. Das wird durch die spröde und kühle Sprache deutlich. Trotzdem hat mich dieser Text fasziniert, vielleicht durch das langsame Eindringen in das komplizierte Innenleben seiner Figuren. Gefallen hat mir die intensive und dichte Sprache mit wunderschönen Bilder und Metaphern. Wenn zum Beispiel Wil im Frühjahr die zarten Triebe der gesetzten Kartoffeln durch den schweren Kleiboden sprießen sieht und sie nur mühsam den Drang unterdrückt, sie mit ihrem Absatz zurück in die Erde zu stampfen, ist das eine gelungene Entsprechung ihres Gemütszustandes.

Der Mare Verlag hat in seinem Programm immer wieder ganz besondere Romane, jenseits des Mainstreams und immer der Entdeckung wert. Hier passt auch die sorgfältige Ausstattung. Der Schutzumschlag ist beidseitig bedruckt, so kann der Leser sein eigenes Titelbild wählen.

Interessant auch, dass der Autor das Buch bereits 1997 zum ersten Mal veröffentlichte und es jetzt in einer bearbeiteten Neuauflage erscheint. Man merkt es diesem Buch an einigen Stellen auch an, nicht nur durch die Erwähnung von Gulden als Zahlungsmittel.